31.7.06

Neues aus dem Gästeblog (31.KW)

„Die Wahrheit, die ganze Wahrheit und nichts als die Wahrheit...“

Zum einen will man ja nicht immer gleich nörgeln. Auf der anderen Seite ist es im Augenblick aber auch wirklich kein Vergnügen. Da wird einem aus freundschaftlicher Verbundenheit eine regelmäßige Internetkolumne aufgeschwatzt und dann steht man in der Sommerpause plötzlich dumm da. Ich muß ehrlich gestehen: das regelmäßige Schreiben, es strengt augenblicklich an. Die Tage bis zum Bundesligastart, sie wollen einfach nicht vergehen. Und in der Zwischenzeit? Da passiert nichts. Gut, es ist natürlich übertrieben zu behaupten, daß sportlich so gar nichts passieren würde. Ein Menonithensohn aus Pennsylvania fühlt sich am Tag seines Parforceritts während der Tour so männlich, daß er locker jede Zuchtbullenversteigerung in Lancaster County gewonnen hätte und stürzt die letzten naiven Sportfans in eine schwere Sinnkrise. Justin Gatlin kündigt letzte Woche an, er könne noch sehr viel schneller rennen und dann..., naja, war irgendwie abzusehen. Schumi rast plötzlich wieder allen davon, auch schön. Das sind aber leider alles keine Themen fürs FohlenKommandO. Moment, Schumi=Italien, Italien=Wettskandal, da war doch was? Ach ja, der große Selbstreinigungsprozeß des italienischen Calcio ist letzte Woche in Revision gegangen und hat sich und der Welt einmal mehr gezeigt, wie einfach Rechtssprechung noch funktionieren kann. Aber selbst dieses (voraussehbare) Ereignis möchte man mit wenigen Tagen Abstand nun wirklich nicht mehr diskutieren müssen. Mit viel gutem Willen kann ich mich gerade noch zu einem verächtlichen Kopfschütteln aufraffen, der Kommentierung bin ich leidlich überdrüssig. Und bei Borussia? Da wartete man lediglich darauf, wenigstens ein(!) Boca Angestellter möge endlich das Faxgerät bedienen. Mir reichts, Freunde, so geht's nicht weiter! Ich will jetzt wieder regelmäßig Fußball sehen. Sonst streike ich!

Gastkolumnist Dr. Theo Soph pfeift Montags beim FohlenKommandO die neue Woche an

27.7.06

Insúa in der Warteschleife

Auch diese Sommerpause hat sich Borussia Mönchengladbach mal wieder viel vorgenommen. Die alte Politikerfloskel "Wir wollen nicht alles anders machen, aber vieles besser!" wurde zwar noch nicht vernommen, passen würde sie aber trotzdem. Vor dem Bessermachen kommt aber bekanntlich das Gleichgutmachen und wenn man sich die Art und Weise von Spielerverpflichtungen und -präsentationen anschaut, kommt man leicht zum Ergebnis: Vorteil Hochstätter.

Damals in der nicht immer guten alten Zeit wurden Spieler unter Ausschluss der Öffentlichkeit kontaktiert und verpflichtet. Erst wenn der Transfer in trockenen Tüchern war, wurde das Ergebnis verkündet und man durfte sich verwundert die Augen reiben, weil bis dahin nicht das kleinste Gerücht aufgetaucht war. Andererseits blieben Spieler, deren Namen jahrelang nur die Foren dieser Welt geisterten (Platz 1: Leandro Romagnoli), da wo sie waren (und womöglich auch hingehören). Ob es diesen Spieler überhaupt gibt, ist bis heute nicht endgültig geklärt, interessiert heute aber auch keinen mehr. Es gibt ja einen neuen Heilsbringer namens Federico Insúa und es gibt ihn wirklich (lange Haare, dünne Beine). Immerhin durfte er schon im Training mitkicken und ein Testspiel auf der Tribüne verfolgen. Spielberechtigt für Borussia ist er allerdings genausoviel, wie es Romagnoli je war.

Man mag meinen, dass es egal sein könnte, wann Insua seine Spielberechtigung erhält, solange er nur irgendwann die Borussia in ungeahnte Tabellenregionen ballert, wovon in Mönchengladbach ja fest ausgegangen wird. Es ist aber keineswegs egal, denn der Verein spielt ein schlechtes Spiel, wenn er einen Spieler über eine Woche mitschleift, ohne ihn fest verpflichtet zu haben. Mit jedem Tag wird die Verhandlungsposition gegenüber den Boca Juniors schlechter, die ja offensichtlich noch nicht ihre Unterschrift unter den Transfervertrag gesetzt und daher immer noch alle Fäden in der Hand haben. Gleichzeitig steigt auch Lächerlichkeitsfaktor für den Fall, dass der Transfer doch noch scheitert, mit jeder Stunde. Schnelle Klärung ist also erwünscht.

24.7.06

Neues aus dem Gästeblog (30.KW)

„Die Wahrheit, die ganze Wahrheit und nichts als die Wahrheit...“

Wahrlich prophetisch ist es im Evangelium des Johannes nachzulesen: „Er ist mitten unter euch getreten, den ihr nicht kennet.“ (1,26) Aber wir werden ihn demnächst ausreichend bestaunen dürfen. Denn rund um den Borussia-Park hat in der vergangenen Woche scheinbar eine neue Zeitrechnung begonnen. Schlußendlich, „wir haben den Messias gefunden.“ (1,41) Federico Insua, von höchsten Gnaden gepriesen und obendrein auch noch Argentinier, und die sind, daß weiß man nicht nur zwischen Neapel und Buenos Aires, was die Symbiose von Ball, Hand und Fuß angeht, besonders himmlisch veranlagt. Nun haben Peter Pander und Jupp Heynckes der fußballerischen Diaspora am Niederrhein einen Heiland geschenkt. Bleibt zu hoffen, bei der Verpflichtung wurden die handelsüblichen Regeln der Distribution beachtet, also höchstens schnöde Silberlinge gezahlt, einen Erlöser bekommt man schließlich nicht einfach so geschenkt, und niemand mußte deswegen gleich einen Pakt mit dem Leibhaftigen eingehen. Nicht auszudenken, sollte sich dieser Insua lediglich als würdiger Vertreter seines Spitznamens erweisen, als „Pocho“, also wahlweise als profan schwerfällig, bleich, klein, dick oder welk. Sollte dafür gar jemand seine Seele verkauft haben? Auszuschließen ist das nicht, wünschenswert auf keinen Fall. Welches Szenario in besagtem Fall eintreten würde, steht allerdings schon fest. Nach kurzer Schaffensphase werden die willfährigen Pharisäer unter uns den vermeintlichen Retter verneinen und anschließend zumindest symbolisch kreuzigen, was seiner baldigen Auferstehung an anderer Stelle aber in keinster Weise zuwiderhandelt. Aber schweigt, ihr Bedenkenträger, und laßt uns glauben! Denn dank Matthäus wissen wir: „Kommet her zu mir alle, die ihr mühselig und beladen seid; ich will euch erquicken.“ (11,28)

Gastkolumnist Dr. Theo Soph pfeift Montags beim FohlenKommandO die neue Woche an

20.7.06

Mein schönstes Ferienerlebnis: «Erhöhte spielerische Substanz»

Sehr verehrte Freunde des spochtverbundenen Vergnügens,

der Manager ist auf Einkaufstour. «Endlich!», ist man geneigt zu rufen. «Es wurde auch allerhöchste Zeit.» Nun läßt sich vortrefflich darüber streiten, in welche Richtung es denn gehen soll. Etwas mehr Klasse bitte? Oder doch lieber eine breitere Verbesserung des Kaders? Oder ist in Peter Panders Wundertüte gar beides enthalten? Fakt ist, den Fans wird zuerst einmal geboten, was seit mehreren Spielzeiten längst zum liebgewonnen Ritual geworden ist. Das Personalkarussell dreht sich in der spielfreien Zeit, wenn auch nach stotterndem Beginn, nun wieder recht munter. Sebastian Svärd, Michael Delura, David Degen, Christoph Heimeroth, irgendwann vielleicht auch mal der lang und heißersehnte Argentinier Federico Insúa, und wer weiß, möglicherweise war das ja noch nicht alles, auch wenn Rolf Königs das anders hat verlauten lassen.

Überhaupt, dieser Insúa. Ich vermag an dieser Stelle nun wirklich nicht zu sagen, was der Knabe tatsächlich kann oder auch nicht. Zugegeben, die verfügbaren Szenen der einschlägigen Internetseiten lassen auf Spielwitz, perfekte Technik und Traumtore hoffen. Das ist für die darbenden Fans wirklich wünschenswert. Diese besagten Fähigkeiten müssen trotz alledem a) erst einmal unter Beweis gestellt werden und b) werden sie auch aktuellen Mitgliedern des Ensemble nachgesagt. Abgerufen wurden sie dennoch eher selten. Breiten wir über das Gewesene den Mantel des Schweigens. Der wirklich springende Punkt ist nämlich ein ganz anderer. Es ist aus berufenem Grund nur inständig zu hoffen, daß die Borussia in den nächsten Tagen Señor Insúa unter Vertrag zu nehmen weiß.

Sollte er auch nur einen Bruchteil seiner vielzitierten Genialität besitzen, dann ist der Mannschaft schon weitergeholfen. Und hoffentlich ist er obendrein auch noch ein bißchen wahnsinnig. Denn das ist es, was die Mannschaft dringend braucht. Die Zuschauer sowieso. Wer in den letzten Wochen die bekannten Internetforen überflogen hat, die Verzweifelung und Sehnsucht gespürt, den Wunsch nach etwas Außergewöhnlichem vernommen hat, der wird zweifellos zustimmen. Das Verlangen nach Genie und Wahnsinn war schon lange nicht mehr so groß wie dieser Tage. Peer Kluge? Technisch versiert, lauffreudig, zweikampfstark, aber, mit Verlaub, kein Leader. Wahnsinnig schon mal gar nicht. Eugen Polanski? Braucht noch ein bißchen Zeit und wird an starken Mitspielern mit Sicherheit wachsen. Und Thomas Broich? Hat erst recht emsig um den Karlheinz-Pflipsen-Gedächtnispreis gekämpft und sich dann kurzerhand Richtung Köln verabschiedet. Schade, da wäre definitiv mehr drin gewesen.

Statt an dieser Stelle in leisem Gedenken an einen «etwas anderen Profi» Adorno oder Horkheimer zu bemühen, halte ich es in dieser Hinsicht dann doch lieber mit den rheinischen Nachbarn und konstatiere: «Watt fott es, es fott!» So bleibt es denn bei der Tatsache (weitere Beispiele der Vergangenheit zur Untermauerung meiner These seien hier aus Zeitgründen außen vorgelassen), daß seit der Demission des «Tigers» kein Borusse mehr dem Anforderungsprofil eines wirklichen Spielmachers zu entsprechen wußte. Dem Profil eines Kickers mit Reibungsfläche, einer der die Zuschauer abwechselnd in Ekstase versetzt oder wahlweise zur Verzweiflung treibt. Ein Spieler der polarisiert wie kein Zweiter im Team und einer, an dem man sich bei Bedarf auch mal mit Laune verbal abarbeiten kann. Das ist genau die Rolle, die unserem neuen Mann im offensiven Mittelfeld zugedacht sein wird. Ich hoffe, seine Schultern sind dafür breit genug. Und es ist ja gar keine Frage, daß er dieser Rolle auch in wenigstens einer Hinsicht gerecht werden wird.

«Wir müssen ansehnlicher spielen», diktierte Bo Svensson den Kollegen der Torfabrik vor einigen Tagen in die Blöcke. Wie genau das aussehen wird, das werden die ersten Bundesligapartien zeigen. Fest steht aber, daß die Vorstellungen des Trainers bereits in den Köpfen des Personals angekommen zu sein scheinen. Intelligent will Jupp Heynckes spielen lassen. Und dazu braucht er neues Personal. Junges, williges Personal, das seinen Ansprüchen gerecht wird, bereit sich formen und lenken zu lassen. In diesem Punkt unterscheidet er sich schon jetzt deutlich von seinem Vorgänger. Horst Köppel schien irgendwann leider den Überblick verloren zu haben, was mit dem vorhandenen Kader machbar war. Jetzt gibt es immerhin wieder ein Konzept. Aber Heynckes hegt nicht nur konzeptionelle Vorstellungen hinsichtlich der angestrebten Spielweise. Geradezu bemerkenswert ist die Einsschätzung seiner persönlichen Situation. Er ist nach eigenem Bekunden losgelöst von allem, sein Job ein professionell ausgeführtes Hobby.

Eine geradezu phantastische Voraussetzung für ein erfolgreiches Unterfangen mit der Borussia. Noch während böswillige Zungen eine laxe Berufsauffassung attestieren wollen, gilt es Einhalt zu gebieten. Will sagen, wer seinen Kritikern mit dem Brustton der Überzeugung entgegenschmettern kann: «Ich brauch Euren Scheiß nicht mehr, und wenn mir einer hier blöd kommt, dann sucht Euch halt einen anderen Deppen!», der weiß mit größtanzunehmender Sicherheit, was er denn tatsächlich will. Das war zuletzt nicht immer so. (Es ist darüber hinaus zu wünschen, daß auch die allzeit bereiten Herren vom Boulevard diese Worte aufmerksam mitgeschrieben haben) Der letzte Trainer in Diensten der Borussia dem eine ähnlich fundamentale Berufsauffassung nachgesagt werden konnte, war der großartige Hans Meyer, gerade erst wiederentdeckt in Nürnberg, ebenfalls mit großer Wirkung. Erfolg durch Kontinuität, Qualitätsarbeit dank Beharrlichkeit.

Der ein oder andere Spieler im aktuellen Kader wird den neuen Konzeptfußball in der kommenden Spielzeit nicht mehr miterleben dürfen, davon ist auszugehen. Und das ist vielleicht gar nicht schlecht. Auch wenn man es fast ein bißchen Leid war. Die x-te Erneuerung der Mannschaft war zwingend notwendig. Dringend gefordert wurde ein echter 10er, den scheinen wir nun zu bekommen. Obendrein ist es noch ein bißchen mehr geworden. Also doch, vergleichen wir die Namen und die bisherigen Meriten, um zum Ausgangspunkt zurückzukehren, ein bißchen mehr Masse statt Klasse? Nicht unbedingt. Die von Jupp Heynckes und Peter Pander initiierte Frischzellenkur wird in der kommenden Saison Früchte tragen. Das defensive Spiel mit der Doppelsechs ist bereits einstudiert. Bleibt genug Zeit, den Kader auf das Offensivspiel mit Spielmacher vorzubereiten. Und wenn dann noch die erholten WM-Helden zum Team stoßen, dann kann eigentlich nichts mehr schiefgehen. Die wissen ja bereits, was man mit akribischer Arbeit und jugendlichem Elan so alles erreichen kann.

18.7.06

Derbystimmung im DFB-Pokal

Die etwas andere Meinung (13)

Glücksfee Conny Pohlers hat der Borussia in der ersten DFB-Pokalrunde eine Reise nach Roßbach zum dort (trotz anderer Schreibweise) ansässigen SV Rossbach beschert. Ein Pokalspiel wie jedes andere könnte man meinen, doch weit gefehlt. Ein kurzer Blick auf die Gemeindehomepage genügt und unter dem Stichwort Wappenbeschreibung wird uns mitgeteilt: "Das Gemeindegebiet gehörte von 1250 bis 1802 zu Kurköln. An diese Jahrhunderte währende Zugehörigkeit zum Kurfürstentum Köln soll das Kurkölner Kreuz im rechten Wappenteil erinnern." Aha, Kurfürstentum Köln. Aber sind die Roßbacher und damit auch die Rossbacher denn überhaupt noch ansatzweise kölsch veranlagt? Diese Frage kann man ohne Weiteres bejahen. Der Roßbacher Ortsbürgermeister heißt Rudolf Boden, der zweite Beigeordnete ist Hans Boden. Kölscher Klüngel ist also auch in Roßbach bekannt. Somit freuen wir uns auf ein echtes Pokalderby und hoffen die hervorragende Auswärtbilanz gegen Kölner Vereine weiter ausbauen zu können.

17.7.06

Neues aus dem Gästeblog (29.KW)

"Die Wahrheit, die ganze Wahrheit und nichts als die Wahrheit...“

Bis gestern waren die meisten von uns mit Sicherheit noch Deutschland. Das zumindest suggerierten die immer noch eifrig zur Schau gestellten schwarz-rot-goldenen Devotionalien. Die Nation trieb unentwegt fassungslos in einem Meer voller Glückseeligkeit. In völlig unerwarteter und ungekannter nationaler Gefühlsduselei schwelgend, Flagge zeigend und wenigstens in harmloser Euphorie über das traumhafte Abschneiden unserer Nationalmannschaft, waren wir vier Wochen von Nord bis Süd und Ost nach West geeint wie lange nicht mehr. Aber all das war gestern. Der Blick geht, so schön es auch für den ein oder anderen gewesen sein mag, nach vorne. Immer nur nach vorne. Jetzt hat uns der Alltag wieder. Die Tränen der Trauer über Klinsmanns Abschied vermischten sich letzte Woche kurzweilig mit Tränen der Freude über Jogis Weiterbeschäftigung während einer äußerst unterhaltsamen Pressekonferenz, aber die Augenränder sind bereits getrocknet. Jetzt sind wir alle wieder Borussia. Das können wir nicht nur wesentlich besser, es ist auch weniger befremdlich und wer das nicht ähnlich sieht, der kann uns halt einfach mal gern haben, gell Herr (legendary) Matussek? Das sich unsere Borussia mit riesigen Schritten dem Ernst der bevorstehenden Bundesligasaison nähert, sollte dem geneigten Fan spätestens seit der Auslosung im DFB-Vereinspokal aufgegangen sein. Der Gegner heißt SV Rossbach. Wir sind uns immer noch nicht sicher, wo zur Hölle Rossbach genau liegt, aber eines ist klar: der Anfang vom Ende der Auswärtsschwäche beginnt genau hier. Der Blick geht in der neuen Saison nämlich ebenfalls nur nach vorne, denn: »Ich bin losgelöst von allem», sagt Heynckes. Kein Problem, den Spagat zwischen Hobby und Professionalität, das kennen wir auch, meistern wir dann gemeinsam.

Gastkolumnist Dr. Theo Soph pfeift Montags beim FohlenKommandO die neue Woche an

11.7.06

Der Fall Broich und die Aussprache von Fußballernamen

Heimlich, still und leise hat sich Thomas Broich letzte Woche in Richtung Köln verabschiedet. Zu diesem Anlass darf man sich in Mönchengladbach ein letztes Mal die Frage stellen, wie man denn den Namen Broich richtig ausspricht. Wir Rheinländer wissen schon lange, was uns der Aussprache-Duden auch schwarz auf weiß mitteilt: Broich wird [bro:x] ausgesprochen, wobei der Doppelpunkt bekanntlich den Vokal verlängert und das „x“ für einen ch-Laut wie in „Ach“ steht. Herr Professor Jürgen Udolph, Deutschlands einziger Professor für Onomastik (Namensforschung) und Lehrstuhlinhaber an der Universität Leipzig, hat uns dazu ausgerichtet, dass Broich ein typisch rheinischer Name ist und auch hauptsächlich im Rheinland vorkommt. Damit sollte eigentlich klar sein, dass man Broich ganz rheinisch „Brooch“ ausspricht. Jetzt hat aber der Patient selber in einem Interview erklärt, dass Broich wie in toi, toi, toi ausgesprochen werde. Für das FohlenKommandO Grund genug, der Frage einmal gründlich nachzugehen.

Dr. Rudolf Steffens vom Institut für Geschichtliche Landeskunde der Universität Mainz, Abt. II: Sprach- und Volksforschung, hat uns in diesem Zusammenhang mitgeteilt: Bruch/Brook usw. ist ein Wort für Sumpf im Westen und Nordwesten des Deutschen Sprachgebietes. Vor allen Dingen in den Rheinlanden (Trier, Köln, Duisburg) gab es im späten Mittelalter und in der frühen Neuzeit sogenannte Dehnungszeichen (i, y, e). "Straße" konnte "straizze", "Tal" konnte "tayl" geschrieben werden. In der neuhochdeutschen Orthographie sind solche Schreibungen ausnahmslos beseitigt. Sie leben aber noch in Familiennamen und Ortsnamen: Voigt, Oevermann, Grevenbroich, Soest usw. Historische "richtig" ist hier die Aussprache ohne Umlaut, also Grevenbrooooooch usw. Herr Broich ist Fußballspieler und als solcher kann er nichts von den spätmittelalterlichen Dehnungszeichen wissen. Er mag sich "Breuch" aussprechen: das ist nach dem Schriftbild seines Namens richtig, historisch aber falsch. eu-Laute in Namen werden nämlich als "eu" oder "äu" verschriftet und nicht als "oi".

Weiter erklärte Dr. Steffens, dass es bislang keine Stelle gebe, die festlegt, wie ein Name auszusprechen sei. Hier fühlt sich das FohlenKommandO ebenso verpflichtet wie berufen, sich dieser Sache anzunehmen und ab sofort die Aufgabe einer unabhängigen Stelle zur Bestimmung der Aussprache von Fußballernamen zu übernehmen. Die Legitimation, eine solche Stelle einzurichten haben wir übrigens direkt und persönlich von höchster Stelle erhalten. Der bereits erwähnte Namenspapst Prof. Udolph hat uns nämlich folgendes geschrieben: Sprache ist lebendig und verändert sich ständig. Auch Sie verändern - natürlich unmerklich - die Sprache und wenn das mehr und mehr Menschen machen, setzt sich eine Lautveränderung oder neue Aussprache durch. Ja und wenn wir es schon sind, die höchstpersönlich die Sprache verändern, dann sind wir ja wohl auch diejenigen, die qualifiziert sagen können, wie wir sie verändert haben.

Im Fall Broich teilen wir dazu mit, dass der Name wie eingangs erwähnt mit einem langen „o“, also „Brooch“ ausgesprochen wird. Zur Begründung verweisen wir im vollen Umfang auf die Ausführungen von Dr. Steffens. Bei weiteren Zweifelsfällen werden wir uns umgehend zu Wort melden. Anfragen senden Sie bitte per Mail an die Redaktion.

10.7.06

Neues aus dem Gästeblog (28.KW)

„Die Wahrheit, die ganze Wahrheit und nichts als die Wahrheit...“

Herzlichen Glückwunsch, Ihr Italiener! Ihr seid nicht nur verdient Weltmeister geworden, Ihr habt auch eine gelungene Aftershowparty hingelegt. Und immerhin können wir uns jetzt damit trösten, vergangene Woche knapp gegen den späteren Weltmeister ausgeschieden zu sein. Das war zwar furchtbar, aber so ist‘s einigermaßen auszuhalten. Dennoch, auch ohne deutsche Beteiligung war es ein Finale, über das mit Sicherheit noch lange gesprochen werden wird. Wir Zuschauer haben ein letztes Mal 120 Minuten Fußball plus Elfmeterschießen geschenkt bekommen. Spannend. Der großartige Zizou entscheidet sich in einem unbedachten Moment gegen seinen schon reservierten Platz im Pantheon und für ein unrühmliches Ende. Tragisch. Und Gennaro Gattuso ist sich verwunderlicherweise nicht zu schade, neben dem Weltmeistertitel nach Spielende auch noch den FIFA-Sonderpreis für die beste Goleo-Imitation des gesamten Turniers entgegennehmen zu wollen. Respekt. Besagten Respekt kann man aber eigentlich nur der deutschen Mannschaft und ihrem Trainerstab zollen wollen. Mehr Spielfreude, mehr Euphorie, mehr Fußball geht nicht. Wir wurden ausreichend darauf vorbereitet, daß uns mit der Weltmeisterschaft ein einmaliges, unvergleichliches Ereignis bevorstehen würde. Aber wer hätte im Ernst mit dieser Fülle großartiger Momente gerechnet? Traumtore im Eröffnungsspiel, Odonkors grandioses Debüt, Ollis Last-minute-Tor, Fußball total gegen Schweden, Lehmann (und Kahn) besiegen Argentinien, „King Pin“ Frings und seine ausgelassenen Kegelbrüder, eine Kanzlerin die sich unsterblich in den Bundestrainer verliebt und obendrein stehen am Ende noch zwei Borussen gleichzeitig auf dem Platz. Wenn‘s nach mir ginge, dann könnte die Weltmeisterschaft noch ewig weitergehen.

Gastkolumnist Dr. Theo Soph pfeift Montags beim FohlenKommandO die neue Woche an

7.7.06

Mit der B-Elf im Spiel um Platz 3

Im morgigen Spiel um Platz 3 fängt Klinsmann mit einer Reihe Spieler ohne bisherigen WM-Einsatz an. Man sollte das Spiel nicht unterschätzen, denn wer von den Teilnehmenden hat denn schon eine goldene Ananas im Pokalschrank? Ersatztorhüter Kahn hat höchstens eine* im Bett.
Interessant ist aber die Aufstellung, und gerade der Borussenfan wird sich fragen, ja, warum denn nicht gleich so? Vor Kahn werden wohl Jansen, Metzelder, Huth und Lahm (stehend v.l.n.r.) auflaufen, eine Formation, die man sich auch für die "richtigen" Spiele hätte vorstellen können! Das hätte nämlich den Vorteil gehabt, dass auf der rechten Abwehrseite nicht dauernd Querpass- und Fehlpassweltmeister Friedrich (ebenfalls oben dabei in dieser Disziplin: S. Kehl, allerdings außer Konkurrenz) für graue Haare gesorgt hätte. Vielleicht wären auch präzisere Flanken gekommen, die, wie der Fachmann weiß, bei der deutschen Mannschaft nicht richtig geübt werden konnten. Vielleicht wäre es auch egal gewesen.

__________________
* Nachtrag 8. Juli 06: Trotz zahlreicher Hinweise, die nach nochmaliger Ansicht des Fotos nicht unzutreffend sind, möchte ich dennoch 'eine' nicht durch 'zwei' ersetzen (s.o.).

4.7.06

Auch Einstein ist mal sitzen geblieben!

Eine Szene aus einem Biergarten: Nach dem Argentinien Spiel ist die Innenstadt voller Fußball-Prolls und Nur-Prolls, die immer dabei sind, wenns was zu feiern, kaputt machen oder sabotieren gibt, sowie vielen anderen normalen Studenten oder Nichtstudenten, Arbeitslosen usw. So wird es in jeder größeren Stadt zurzeit zugehen.
Ein Tisch weiter erheben sich einige Mittzwanziger und intonieren den allseits bekannten Imperativ „Steht auf,…“ mit dem Ausschlusskriterium der Nationalität. Alles schon Tausendmal gehört. Wir stehen nicht auf, nicht weil wir unseren Pass vergessen hätten, sondern weil wir einfach kein Bock dazu haben. Man kann nämlich Viertelfinalsiege der DFB-Elf (sic!) bei einer WM auch im Stillen feiern, sogar unabhängig der Nationalität. Die folgenden Kommentare der Initiatoren im meist stark regional eingefärbtem Dialekt lassen an Eindeutigkeit nichts zu wünschen übrig.
Bitte nicht falsch verstehen: Nichts gegen Car-Flags und Balkonbeflaggung, wer daraus einen neu erstarkenden Nationalismus mit Gefahr für die demokratische Grundordnung sieht, dem sei ein Blick ins Grundgesetz geraten (Ein bisschen mehr Sensibilität im 36er Olympiastadion wäre dennoch angebracht gewesen). Die beschriebene Episode hat mir nur eindruckvoll vorgeführt, wie schnell man sich genötigt fühlen kann, bei irgendwas mitzumachen, bloß weil es alle machen, so beknackt es auch ist.

3.7.06

Neues aus dem Gästeblog (27.KW)

„Die Wahrheit, die ganze Wahrheit und nichts als die Wahrheit...“

Jetzt ist es also endlich geschehen. Klinsis Buben haben nach langer Durststrecke einen großen Gegner geschlagen. Zugegeben, es war knapp. Die Nerven haben bis zum Elfmeterschießen schon bedenklich geflattert. Es sah über weite Strecken nicht so souverän aus wie in den vorangegangenen Spielen. Aber wer fragt hinterher schon danach. Verdient war es allemal, das Ergebnis stimmt und nun werden wir tatsächlich wieder Weltmeister. Ich habe Ihnen, werte Leserinnen und Leser, vor geraumer Zeit den Fahrplan zur Finalrunde geliefert. Erst Schweden (locker durchgereicht), dann Argentinien (abgehakt, Mund abwischen und weitermachen), morgen dann Italien (es wird zwar nicht schön, aber das sind die Italiener ja gewohnt) und am Sonntag der denkwürdige Showdown, zwar nicht wie prophezeit gegen Brasilien, aber immerhin gegen weltmeisterliche Franzosen. Weil es ja, wie gesagt, anders gar nicht gehen kann. Ich jedenfalls werde meinen verbleibenden WM-Urlaub weiterhin genießen und melde mich nächste Woche wieder in voller Länge bei Ihnen. Bis dahin verbleibe ich mit weltmeisterlichen Grüßen aus der Hauptstadt. (Immer noch ohne schriftliche Entschuldigung meiner Eltern, aber ich arbeite daran. Versprochen!)

Gastkolumnist Dr. Theo Soph pfeift ab nächster Woche wieder wie gewohnt beim FohlenKommandO die neue Woche an

2.7.06

Warum wir gegen Italien...

Die etwas andere Meinung (12)

...verlieren:
- weil wir gegen Italien bei einer WM noch nie gewonnen haben.

... gewinnen:
- weil wir in Dortmund noch nie verloren haben,
- weil die Italiener noch nie bei einer WM ein Elfmeterschießen gewonnen haben,
- weil wir Spiele am 4. Juli immer gewinnen (1954 gegen Ungarn, 1990 gegen England),
- weil Italien immer gegen den Gastgeber rausfliegt (1998 gegen Frankreich, 2002 gegen Südkorea),
- weil wir uns immer für eine WM-Finalniederlage (wie 1982 gegen Italien) im nächsten WM-Spiel revanchiert haben (1970 gegen England für die Niederlage 1966, 1990 gegen Argentinien für die Niederlage 1986).

Klare Sache: Deutschland schlägt Italien 5:1, auch weil immer die beste Mannschaft der WM am Ende Weltmeister wird.