26.1.10

Es ist vollbracht

Die vorzeitige Entlassung Vehs in Wolfsburg überrascht nicht. Für mich war viel weniger nachvollziehbar, dass er überhaupt eingestellt worden war. In irgendeinem Interview mit Veh, ob es nun vor VW oder schon nach Beginn seines Engagement war, weiß ich nicht mehr, sagte er sinngemäß, er könne sich nicht mehr vorstellen, Mannschaften zu trainieren, die nicht oben mitspielten. Diese Aussage, und vor allem die fehlende Reaktion des Fragestellers, ließen mich damals stutzig werden. Echt jetze? Veh, der zuvor reihenweise bei Durchschnittsvereinen gefeuert worden war? Veh, der mit Stuttgart Meister geworden war in einem Jahr, in dem kein anderer es werden wollte? Veh, der danach beim amtierenden Meister auch schnell wieder gefeuert worden war? Dieser Veh war durch den Titel auf dem Briefkopf plötzlich in die Liga der Toptrainer aufgestiegen. Dabei hatte er kaum etwas vorzuweisen.

Man kann sich über Definitionen und Meßvariablen streiten, aber für mich ist ein guter Trainer derjenige, der einen Verein über einen längeren Zeitraum über seiner Gewichtsklasse kämpfen lässt. Punkt. Magath ist so jemand, Klopp eventuell auch, Hitzfeld sowieso. Aber nicht Rangnick (mal gucken), Doll und eben Veh.

Natürlich war die Nachfolge Magaths in Wolfsburg schwer. Es gab aber für Veh zwei Alternativen: entweder er macht es wie Lattek bei Gladbach in den Siebzigern, der ein funktionierendes Team von Weisweiler übernahm und einfach nichts änderte. (Und nichts bedeutet auch nichts, denn nach Lattek war es dann auch vorbei.) Das wäre möglich gewesen, da die Meistermannschaft ja zusammen geblieben war. Oder Veh schmeißt alles über den Haufen und führt seine eigene "Spielphilosophie" ein; dann wäre aber eine stärkere Generalüberholung fällig gewesen als Martins und Kahlenberg zu holen. Veh versuchte sich an einem Mittelweg; und scheiterte.

25.1.10

Neues aus dem Gästeblog (4.KW)

„Die Wahrheit, die ganze Wahrheit und nichts als die Wahrheit...“

Das Leben ist kurz, die Zeit rast, alles muß schnell gehen und der Mensch sich ständig rasanten Veränderungen anpassen. Diese Tatsache stellt uns vor persönliche und strukturelle Schwierigkeiten, denn vor allem in zeitlicher Hinsicht stehen wir ständig unter enormen Druck. Die moderne Philosophie kennt den Begriff der sogenannten Temporalinsolvenz, was nichts anderes bedeutet als das wir keine Zeit übrig haben. Obwohl wir eigentlich ausreichend Zeit haben sollten. Welche Auswirkungen hat das? Nehmen wir uns kurz Zeit, um das Problem anhand eines Beispiels zu verdeutlichen. Ein Fußballspieler, nennen wir ihn einfach Juan, z.B. einen Venezolaner der auch noch den schönen Spitznamen „Hurrikan“ trägt, ein Wirbelwind also, ein Hans Dampf in allen Gassen, soll in einem beliebigen Spiel einen Elfmeter schießen, möglicherweise gegen Berlin. Einerseits ist der Strafstoß ein Geschenk, die einfachste und schnellste Art, fast ungehindert ein Tor zu schießen. Andererseits bedeutet die Elfmeterentscheidung Ruhe, sie unterbricht das Spiel, bietet ungewohnte Zeit zum Nachdenken, zur inneren Einkehr und zum Verschnaufen. Juan bekommt vom Schiedsrichter plötzlich Zeit geschenkt; Zeit die er normalerweise nicht hat, weil er ständig unter Zeitdruck agieren muß. Er ist es gewohnt, blitzschnell und intuitiv zu handeln, denn Chancen eröffnen sich ihm nur im Bruchteil von Sekunden bevor sie so plötzlich vergehen wie sie gekommen sind. Er tut also, was er glaubt tun zu müssen: schnell schießen. Je zeitnaher sich diese ungewohnte Situation auflöst, um so eher nimmt das Spiel wieder seinen gewohnten Lauf. Er nimmt kurz Anlauf, wenige Schritte nur und schießt den Ball halbhoch in Richtung des Tores. Allerdings hat er seine Rechnung ohne den Torwart gemacht, einen Mann mit einem ganz anderen Gefühl für Raum und Zeit. Dieser Spieler ist Warten gewohnt, er ist ein Fels. Während Juan den Ball vom Elfmeterpunkt beschleunigt schwant ihm bereits, daß er den zufälligen Moment der Ruhe nicht ausreichend gekostet hat und daß er alsbald schon wieder ein Gehetzter sein wird. Er weiß auch, daß dieses ständige Gefühl des Gehetztseins auf Dauer nicht gesund sein kann und entscheidet sich spontan, aus dieser Beschleunigungsspirale auszubrechen. Als der Ball vom Körper des Torwarts ins Feld zurückprallt entscheidet er bewußt asynchron. Aus Prinzip. Er stellt sich gegen die atemlose Steigerungslogik seines Wettbewerbs! Juans Entscheidung ist zwar ungewöhnlich, aber dennoch ein gesundes Plädoyer für die Ruhe, Geduld und Ausdauer, zur individuellen Synchronisation. Nehmen Sie sich, verehrte Leserinnen und Leser, jetzt ruhig ein oder zwei Minuten Auszeit, entschleunigen Sie ihren Wochenstart und denken Sie mal darüber nach. Es lohnt sich. Bis nächste Woche.

Gastkolumnist Dr. Theo Soph pfeift Montags beim FohlenKommandO die neue Woche an

18.1.10

Interne Wartungsarbeiten

Liebe Leserinnen und Leser,

der Gästeblog bleibt heute aus diversen Gründen geschlossen. Der Doktor bittet dies zu entschuldigen.

Die Redaktion

11.1.10

Neues aus dem Gästeblog (2.KW)

„Die Wahrheit, die ganze Wahrheit und nichts als die Wahrheit...“

Die Ruhr.2010 ist eröffnet. Essen und das gesamte Ruhrgebiet präsentieren sich in den kommenden 12 Monaten als offizielle Kulturhauptstadt Europas. Eine schöne Sache das, denn das Ruhrgebiet hat fraglos viel zu bieten. Keine andere Region Europas kann mit einer ähnlich hohen Museumsdichte aufwarten, nirgendwo sonst sind Städte so eng miteinander verbunden, die Übergänge, Interessen und Leidenschaften dermaßen nahtlos verzahnt, daß sich Städte und Gemeinden zu einem großen Ganzen verbinden lassen, vielmehr verbunden fühlen müssen. Der strukturelle Wandel ist enorm, Kunst, Kultur und Architektur geben der Region ein für viele bis dato neues, unbekanntes Gesicht. Allerdings hat neben der Kohle und Stahlindustrie nichts so sehr das öffentliche Bild des Ruhrgebiets geprägt wie der Fußball, allen voran natürlich Schalke 04 und der BVB. Der VFL Bochum von 1848 ist da ein ganz anderes Kaliber. Der Verein für Leibesübungen an der Castroper Straße ist überregional zwar das Aushängeschild der Stadt, denn die wenigsten Menschen werden bei Bochum zuerst an Peter Zadek, Claus Peymann, Tana Schanzara, das Schauspielhaus und die Hochschule denken, eher an Grönemeyer, Currywurst und 4630, aber am ehesten doch an Ata Lameck, Lothar Woelk, Jupp Tennhagen, Gerland, Kree, Kuntz, Wosz, Freier, Hashemian, Bastürk und das schöne Ruhrstadion etc.; warum auch nicht, die Ehre ist in typischer Manier hart erarbeitet worden. 446 Treffer zum Stichwort Bochum sind auf der Internetseite der Ruhr.2010 verzeichnet, tief im Westen ist also kulturell allerhand los. Was freilich nicht unbedingt für den VFL gilt, denn dort ist eigentlich nie besonders viel los. Fußballkultur in Reinform wurde dort traditionell schon immer eher abseits des Platzes geboten, was sich auch in dieser Saison mal wieder besonders eindrucksvoll zeigt. Der VFL hat in der abgeschlossenen Hinrunde nur ein wirklich bombiges Spiel hingelegt, am ersten Spieltag, ausgerechnet gegen die Borussia vom Niederrhein. Konnten die Bochumer am Ende mit dem Spielverlauf absolut zufrieden sein, steckt die Partie den meisten Borussen bis heute in den Klamotten. Endstand: Ein glückliches 3:3, nach 0:3 Halbzeitführung! Auswärts! Am Wochenende geht es endlich wieder los. Der Ball rollt und der frischgebackene Wintercup-Gewinner begrüßt Heiko Herrlich und den VFL Bochum zum Heimspiel. Es wäre zu wünschen, der große VFL würde ähnlich furios, ansonsten aber wenigstens mit 3 Punkten in die Rückrunde starten, um direkt Distanz zu seinen Verfolgern schaffen zu können. Die Bochumer dürfen also gerne auf Spektakel und Punkte verzichten und sich in bester Schauspielmanier als brave Statisten erweisen. Warum auch nicht? Halb so schlimm, denn wenn’s mit dem Fußball nicht klappt kann man sich noch immer an der Ruhr.2010 freuen.

Gastkolumnist Dr. Theo Soph pfeift Montags beim FohlenKommandO die neue Woche an

4.1.10

Neues aus dem Gästeblog (1.KW)

„Die Wahrheit, die ganze Wahrheit und nichts als die Wahrheit...“

Minustemperaturen, Schnee, Straßenglätte und vereiste Plätze. Den einen geht das Herz auf, anderen graust es. Nie im Jahr spaltet das Wetter die Menschen so eindeutig wie jetzt. Lauer Frühling, heißer Sommer oder grauer Herbst, man braucht keine Meinung zu haben; man genießt oder erträgt. Aber Winter: ich höre ständig allerorten Mitbürger schreien! Diese Scheißkälte! Überall Verkehrsstau, weil alle bei drei Flocken schon durchdrehen (entweder Sommerreifen oder genetische Disposition)! Alles voller Matsch und Dreck, ekelhaft! Dauernd muß man sich umständlich die dicken Klamotten an-, und wieder ausziehen, ätzend! Was? Frühmorgens soll ich Schnee schippen, damit die adipöse, unsportliche Stöckel-Else aus dem Nachbarhaus sich ihre dicken Stumpen auf den ständig viel zu hohen Hacken auf dem Weg zur Arbeit nicht vor meiner Wohnung bricht? Spinnt die? Am Ende, meine sehr verehrten Leserinnen und Leser, läßt sich die Wettertauglichkeit aber doch ganz einfach an der Erfahrung und der Gewöhnung festmachen. Während breite Teile der Bevölkerung die weiße Weihnacht und die kalten Januartage stets kaum abwarten können und/oder gleich ganz tief in den Winter eintauchen (exemplarisch: „Lieber Stubai als Dubai“), fliehen vereinzelte Gruppen, zumindest wer sich’s leisten kann (gilt reziprok zu Tirol oder Dubai), lieber vor Väterchen Frost in den sonnigen Süden. Aber warum auch nicht? Kann auch schön sein. Die Fohlen zählen zu Letzteren. Sie können es sich leisten und sie wollen auch, was sich dieser Tage als unschlagbare Kombination in puncto Saisonvorbereitung erweist. Die mitgereiste Presse ist natürlich mindestens so begeistert wie Mannschaft und Stab, allerdings wäre wohl jeder beteiligte Fachtouristiker entweder mit dem Klammerbeutel gepudert oder möglicherweise doch eher passionierter Skifahrer, würde er diesen Gratistrip in den spanischen Golfclub als vollkommen sinnlos kolportieren. Und sogleich wird den Daheimgebliebenen ob der tollen Nachrichten ganz warm ums Herz: Borussia hat alles richtig gemacht, die Jungs stehen gut im Saft, die Stellschrauben werden halt ein bisserl justiert, die Fohlen werden aller Voraussicht nach eine gute Saison spielen (21 Punkte = gute Rückrunde, 42 Punkte = gute Saison), Daems (status quo) spielt wieder, hübsche Señoritas sind auch anwesend, toll! Und wann kommt sie endlich, diese besagte Rückrunde? „Wir kommen erst aus Spanien zurück, dem schönen Land des Weins und der Gesänge“ (Mesphistopheles in Faust). Wein, Weib, Gesang und schöne Tage in Klischee, phantastisch! Ich geh jetzt erst mal Schnee schippen. Bis nächste Woche.

Gastkolumnist Dr. Theo Soph pfeift Montags beim FohlenKommandO die neue Woche an