21.2.06

Mer losse d‘r Dom in Kölle...und bitte unversehrt!

Sehr verehrte Freunde des spochtverbunden Vergnügens,

nachdem das Fehlverhalten der Spieler Strasser und Keller nach dem samstäglichen Derby drei Tage medial aufbereitet wurde, hat heute der DFB-Kontrollausschuß das Schlußwort gesprochen. Vorerst! Die Presse wird sich am morgigen Tag mit Sicherheit erneut mit dem Thema befassen. (Befassen wollen, befassen müssen, befassen dürfen, was auch immer) Dabei war die Sache eigentlich aus der Welt geschafft, nachdem sich Spieler und Verein bei den Kölner Fans und Verantwortlichen entschuldigt haben und diese Entschuldigung auch korrekterweise akzeptiert worden ist.

Ist die Strafe durch den DFB dadurch überflüssig geworden? Oder vielleicht sogar völlig überzogen? Ich meine: Nein!

Es ist für mich ganz und gar nicht unverständlich, daß der DFB sich mit diesem Fall auseinandersetzt. Und dabei interessiert mich ehrlich gesagt überhaupt nicht, ob die Kontrollgremien ähnliche Fälle, sowohl in der Vergangenheit, als auch in der Zukunft, ähnlich bewertet haben oder noch bewerten werden. Ich würde es sehr begrüßen, wenn ich ehrlicherweise auch nicht auf ein regelmäßiges und hartes Durchgreifen und eine stringente Anwendung des Verhältnismäßigkeitsgrundsatzes seitens des DFB vertrauen möchte. Die ausgesprochene Strafe betrifft Spieler, denen ich regelmäßig zujubele, deren Partien ich beiwohne und mit denen ich mich identifizieren möchte. Und was ich am Samstag nach dem Spiel im Stadion gehört und gesehen habe, daß bereitet mir absolut keinen Spaß! Identifizieren möchte ich mich damit sowieso nicht. Kurzum, mir geht die extreme Anti-Köln Stimmung schon lange auf den Keks.

Ich weiß, daß ein Derby besonders ist. Ich weiß es vielleicht besser als manch anderer. Ich bin mir bewußt, daß Emotionen dazugehören und diese im Stadion auch ausgelebt werden sollen, aber dazu gehört kein Hass. (Ich verweise an dieser Stelle gerne auf einen ehemaligen Terrier aus Kleinenbroich und die dazugehörige Aphorismensammlung) Ich bin Mönchengladbacher und lebe in Köln. Ich bin rautengeil, aber viele meiner Freunde und Kollegen drücken dem FC die Daumen. Ich kenne die Sentenzen über die niederrheinische Provinz zu Genüge; Phrasen über traktorfahrende Rübenbauern und lahmende Ponys, etc. Es ist nicht immer wirklich lustig, aber zumindest einer Sache kann ich mir sicher sein: ein gerüttelt Maß an Restniveau und Respekt bleibt bei aller Stichelei stets gewahrt. Das kann ich im Umkehrschluß übrigens genauso behaupten. Drei Kölner Abstiege in wenigen Jahren sind weit mehr als eine Steilvorlage für ein wenig Spott unter Freunden und Kollegen. Denn auch die Karnevalisten vom Geißbockheim kommen natürlich nie ungeschoren davon. Trotzdem freuen wir uns gemeinsam auf die Duelle, den ehrlichen Kampf, und hoffen zumindest auf schönen Sport.

Was ich allerdings nicht nachvollziehen kann und möchte, daß ist der übertrieben unsportliche Hass, der in beiden Fankurven immer wieder aufs Neue geschürt wird. Wo sind denn eigentlich die Freude und der Spaß an einem Derby geblieben? Beharkt werden sollte sich auf dem Platz, aber dafür sind lediglich die Spieler zuständig. Generell würde ich mir bei aller Rivalität einen gepflegteren Umgang miteinander wünschen. Man mag mich ruhig pingelig schimpfen, meine Ansicht übertrieben nennen oder, was emotionsgeladenen Fußball angeht, wirklichkeistfremd. Mein frommer Wunsch ist dann anscheinend zu viel verlangt.
Dieses Mal sind halt die Gladbacher beidbeinig und zu tief in den Fettnapf getreten. Wenn sich einige Fans schon nicht beherrschen können oder wollen, dann sollten es wenigstens die Spieler tun.

Ich habe an dieser Stelle bereits zu zwei dieser Themen Stellung bezogen. Sowohl zum Derby, als auch zu den guten, alten Stadionzeiten. Es stimmt: manchmal vermisse ich die Vergangenheit auf dem Bökelberg. Was ich lediglich nicht vermisse, ist schlechtes Benehmen und stumpfe Dummheit. Lange vorbei sind die Zeiten, als gegenerische Fans und Spieler mit „Asylanten“-Rufen bedacht wurden. Gott sei Dank! Auch die Erinnerung an einige Begegnungen, in denen ich mich über rassistische Schmähungen Einzelner aus meinem Fanblock gegenüber gegnerischen Spielern ärgern mußte, vermisse ich zu keiner Zeit. Ebenso gut kann ich auf den verbalen Dreisatz verzichten (ich zitiere ihn hier nicht, aber er dürfte bekannt sein), der gegenerischen Torhütern beim Abschlag immer mal wieder zugerufen wird.
Die mentale Einstimmung auf das Spiel gegen Köln kann man mit CD-Fangesängen aus der Nordkurve anheizen, muß man aber nicht.
"Die Borussen hatten eine Woche lang die Anti-Köln-Songs in der Kabine gehört (die Fans haben eigens ein „Cologne-Medley“ erstellt, das indes eigentlich nur für die „Kurve“ bestimmt ist)." (Quelle: RP)
Der schlechte Rückrundenstart hätte Anlaß genug sein müssen, den Fans und sich selbst einen Sieg bescheren zu wollen. Das nur noch einmal ex post.

Aber zurück zur Strafe. Ich finde sie nicht überzogen! Ich finde sie angemessen. Vereine und Spieler werden bei Fehlverhalten durch den DFB bestraft. Sanktionsmaßnahmen betreffen sowohl diejenigen, die Leuchtraketen in Richtung eines Torhüters feuern oder Trommelstöcke nach Spielern schmeißen und genauso die, die andere wohlweislich beleidigen und provozieren. Meist trifft es die Fans, jetzt hat es auch mal Spieler erwischt. In Kellers Fall möchte man auf Grund der vorhandenen Sprachbarriere Milde walten lassen. Mit der Kurve ein Lied über "Cologne, die Scheiße vom Dom" anzustimmen, ist alles andere als galant, aber wohl immer noch im Rahmen der unteren Niveauskala anzusiedeln, zumal er nach eigenem Bekunden nicht wußte, worum es in diesem Lied geht und nur aufgeschnappt hat, was die Kurve sowieso singt. Aber auch Unwissenheit schützt bekanntlich nicht vor Strafe. Jeff Strasser aber, der Kapitän, hätte es definitiv besser wissen müssen und sich daher in Zurückhaltung üben können. Ein Lied über den verbrannten Dom und den auf der Asche tanzenden VFL, daß schießt meiner Meinung nach über das Ziel, einen Sieg feiern zu wollen, hinaus. Das gehört nicht mehr zu einem Derby und es gehört auch sonst nirgendwo hin. Ich fand es nicht schön, erwachsenen Männern bei ihrer peinlichen Sing- und Tanzveranstaltung zusehen und zuhören zu müssen. Und wenn die Geldstrafe dazu beitragen sollte, daß solche Geschehnisse in Zukunft im Borussiapark ausbleiben, dann hat der DFB alles richtig gemacht.

Wer sich darüber freuen sollte, nächstes Jahr den KSC anstatt den FC zu Gast zu haben, dem wünsche ich viel Vergnügen bei diesem Spiel. Ich dagegen wäre froh, wenn die Kölner in Burghausen keine Grüße von uns ausrichten müßten und es nächstes Jahr wieder ein rheinisches Derby geben würde. Mit Emotionen, Spaß, Sport und Spiel. Aber bitte ohne faden Beigeschmack.

20.2.06

Deutschland wird Weltmeister – ohne Klinsi

Die etwas andere Meinung (2)

Die WM wird für die deutsche Mannschaft mit einer Enttäuschung beginnen. Gegen Costa-Rica gibt es nach obligatorisch müdem Gekicke eines Eröffnungsspiels nur ein Unentschieden. Das ruft Paul Breitner auf den Plan, sich spontan als Bundestrainer ins Spiel zu bringen. Waldi Hartmann kann es nicht fassen und setzt eine Kiste Weißbier dagegen.
Die deutsche Fußballwelt kommt wieder ins Reine, als Polen mit 3:0 weggehauen wird und daraufhin Klinsmanns Gefühle mit ihm Gassi gehen.
Der Gruppensieg wird dann gegen Ecuador klargemacht, die offensichtlich mit der sauerstoffreichen Berliner Luft nicht zurechtkamen.
Als Achtelfinalgegner steht Paraguay bereit und wird geschlagen. England ist in Gruppe B nur Dritter geworden, nachdem Coach Eriksson vor dem entscheidenden Spiel mal wieder zuviel mit Journalisten geplaudert hatte („Manche meiner Spieler sind so blöd, die denken die spielen Cricket“).
Mexiko, das zuvor Argentinien rausgekickt hat ist dann der Gegner im Viertelfinale. Aber auch die Einwechslung von Jorge Campos als Jokerstürmer kann die Niederlage nicht verhindern. Waldi ist inzwischen siegessicher, dass Breitner nicht Bundestrainer wird und macht sich schon mal über den Wetteinsatz her.
Als mit einem Sieg gegen Tunesien die Finalteilnahme feststeht, sieht Franz Beckenbauer seine Chance gekommen. Er entlässt kurzerhand Bundestrainer Klinsmann und setzt sich selbst als Interimsteamchef ein. Dazu hat er vorher selbst zusammen mit Uli Hoeneß einen Streit mit Theo Zwanziger (Zitat Hoeness: „falscher Fuffziger“, anders das ZDF) vom Zaun gebrochen, in dessen Folge Zwanziger seinen freiwilligen Rücktritt erklären musste. Beckenbauer wurde hastig zum Interims-DFB-Präsidenten gewählt. Noch am gleichen Tag erhält Klinsmann ein Angebot von Rene C. Jäggi, der sein Engagement beim 1.FC Kaiserslautern abermals selbstständig verlängert hat: „Die Schwabenschwuchtel passt ideal zu unserer Schwuchteltruppe!“
Der Gegner im Endspiel ist Schweden, die gegen desolate Brasilianer in der Vorschlussrunde gewonnen haben. Höhepunkt dieses Halbfinales war wohl der Auftritt des brasilianischen technischen Direktors Mario Zagallo, der in der Halbzeitpause Trainer Parreira entließ ("Você não tem mais nada a dizer aqui, seu punheteiro!"), um danach selbst auf der Bank Platz zu nehmen. Das Finale wird kaiserlich gewonnen und Franz hat ein weiteres Stück für seine Trophäensammlung (Pokale, Sekretärinnen, etc.).

16.2.06

Kränkelnde Borussia und das Duell der roten Laternen

Sehr verehrte Freunde des spochtverbunden Vergnügens,

zwei Niederlagen gegen Bayern und Wolfsburg und zwei Unentschieden gegen Schalke und Duisburg. So lautet Borussias nüchterne Bilanz in der Rückrunde. Die vier absolvierten Partien im Jahr 2006 reichen damit aus, um die rote Laterne in der Rückrundentabelle sicher in den Händen zu halten. Traurig, aber leider wahr. Aber glücklicherweise auch nicht weiter schlimm. Die Gesamttabelle weist Platz neun aus, mit zehn Punkten Vorsprung auf die Abstiegsränge. Ein relativ sicheres Polster. Damit das auch so bleibt sollte allerdings schleunigst damit begonnen werden, wenigstens gegen vermeintlich schwächere Gegner zu gewinnen. Die Luft wird nämlich wieder dünner. Und dünne Luft macht auf Dauer das Atmen schwer.

Dazu kommt ein gereizter Trainer, der sich nach vermeidbaren taktischen Pannen der letzten Wochen wieder angreifbar gemacht hat. Zu bemängeln sind beispielsweise das wenig nachvollziehbare 4-3-3 System beim Auswärtsspiel in Wolfsburg, die ständige Positionsrotation der Stammspieler, vor allem die glücklosen Experimente auf der Sechserposition, und eine fehlende klare Linie bei der Wahl der Stürmer. Den Spielern bei ihrer augenblicklichen Verunsicherung, Rat- und Mutlosigkeit und teils auch ihrer üblichen Schwäche zuzuschauen, das kratzt momentan ganz schön an den Nerven. Und nicht nur an Köppels Nerven. Wenn der Manager sich befleißigt, Mannschaft und Trainer in der Halbzeitpause zu belehren, dann ist der ganz große Ärger meist nicht mehr weit entfernt. Einzelne Spieler beschweren sich in der Boulevardpresse, andere streiten sich dagegen ganz unverblümt so laut mit dem Coach am Spielfeldrand, daß den Damen und Herren im Ü-Wagen der Sportschau ob der tollen Szene für den Abspann ganz warm ums Herz geworden sein muß. Auweia, ist das wirklich notwendig?

Nach vier Jahren Abstiegsk(r)ampf war es ungewohnt komfortabel, zur Winterpause einen Blick auf die Tabelle zu werfen und sagen zu können: „Abstieg geht uns nichts an!“ Das die Borussia zum jetzigen Zeitpunkt nicht um die UEFA-Cup Plätze mitspielt, das ist den meisten hoffentlich klar. Dazu fehlt auf lange Sicht einer Saison die notwendige spielerische Substanz. In der Endabrechnung drei, vier Plätze nach hinten durchgereicht zu werden, das geht einerseits absolut in Ordnung. Andererseits ist die Hinrunde selten wertvoll gewesen. Mit dem Mut eines guten Tabellenplatzes im Rücken, statt mit dem Mute der Verzweifelung, läßt sich nämlich sehr viel befreiter aufspielen. Obendrein winkt in höheren Tabellenregionen oftmals das Glück des Besserplatzierten. Manchmal ist es auch einfach das Glück des Tapferen, wie zum Beispiel im Heimspiel gegen Eintracht Frankfurt. Das Selbstvertrauen, einen 0:2 Rückstand mit einer spielerisch und kämpferisch starken Leistung in einen Sieg münzen zu können, bekommt man eben nicht ausschließlich auf dem Trainingsplatz vom Trainer eingeimpft. Man kann es sich auch selber holen. Die Gewißheit, endlich ins gesicherte Mittelfeld der Liga vorgerückt zu sein, hätte ausreichen sollen, um besser in die Rückrunde zu starten.

Muß man sich denn tatsächlich Sorgen machen oder handelt es sich hier lediglich um Jammern auf hohem Niveau? Schließlich stehen wir ja noch immer in der ersten Tabellenhälfte. Die Situation ist nicht bedrohlich, aber es besteht berechtigter Grund zur Sorge. Man mag einwerfen, daß Borussia schon zu Beginn der Saison enorme Startschwierigkeiten hatte, nach der Niederlage gegen den 1. FC Köln der Baum lichterloh brannte und nach der ersten Halbzeit gegen Bremen der endgültige Tiefpunkt erreicht schien. Durch glückliche Fügung konnte dann nach fünfeinhalb Spielen eine positive Wende eingeläutet werden, die dann auch bis Dezember Bestand hatte. Warum sollte das nicht auch jetzt möglich sein? Eine berechtigte Frage. Ja, warum denn eigentlich nicht?

Natürlich ist es möglich. Es ist nicht nur möglich, es ist ein absolutes Muß! Als kleine Motivationshilfe reichen die Vorzeichen. In Köln kennt man sich mit roten Laternen ebenfalls ganz gut aus. Der FC hält die besagte Laterne nämlich auch in der Hand. Allerdings die der gültigen Tabelle. Seit dem fünften Spieltag, ausgerechnet gegen Gladbach, wurde nicht mehr gewonnen und lediglich dürftige 15 Punkte stehen auf der Habenseite. Gegen den Tabellenletzten muß man sich für eine Schlappe im Hinspiel revanchieren! Aber es geht nicht nur um ein prestigereiches Spiel unter rheinischen Rivalen. Gegen den Tabellenletzten muß man zu Hause gewinnen, weil statistisch keine schlechtere Mannschaft zur Verfügung steht! In der kommenden Woche geht es nach Bremen und der beste Sturm der Liga wird Borussia mit Sicherheit nicht nochmal freiwillig den Gefallen tun, ein guter Aufbaugegner zu sein. Sollte das Heimspiel gegen Köln nicht gewonnen werden, dann stehen höchstwahrscheinlich bittere Wochen bevor. Natürlich rein hypothetisch, aber dieses Szenario ist nicht wirklich unrealistisch.

Das Geschrei um die Ablösung des Übungsleiters würde wieder unerträglich laut werden und Spieler lassen sich normalerweise von solch einem Reizklima gerne anstecken. Die dann zu prognostizierende Infektion könnte leicht bis zur Sommerpause verschleppt werden. Alle positiven Ergebnisse der Hinrunde würden gänzlich zur Randnotiz verblassen und am Ende stünde dann wieder eine recht ernüchternde Diagnose: der Patient lebt, aber er benötigt dringende Rehabilitationsmaßnahmen. Und gerade die sollten in Gladbach eigentlich nicht mehr zwingend notwendig sein. Die Doktorspielchen der letzten zwei Jahre haben gereicht, die Fummelei wurde zur Qual statt zur Besserung. Das Immunsystem schien endlich einigermaßen hergestellt zu sein. Und wenn der Eindruck nicht täuscht, dann gibt es auch keinen Grund, etwas an diesem Zustand zu ändern. Abgesehen davon gibt es wohl kaum einen Beobachter oder Fan, dem es an Überdruß in dieser Hinsicht mangelt.

Deshalb gilt es, einer neuerlichen Leibvisite vorsorglich entgegenzutreten. Mit drei Punkten am Samstag gegen einen wahrscheinlichen Absteiger. Gesunden kann man nämlich auch selber, oft sogar ganz schnell und über Nacht. Dazu bedarf es allerhöchstens kleiner Hausmittelchen oder sanfter homöopathischer Dosen. Und die sollten Trainer und Spieler ganz schnell in der Hausapotheke finden. Dazu reicht ein kleiner Griff in den vorhandenen Tablettenschrank und die Helferzellen können wieder aktiviert werden.

Ich will gegen Köln gewinnen, alles andere interessiert mich nicht!“, hat Horst Köppel verlauten lassen. Ein erster Weg zur Besserung. Das sehe ich genauso!

7.2.06

Nur Gewinner?!

Nach dem Doppelwechsel der Spieler Rafael und Sverkos zwischen Hertha und Borussia fühlen sich alle als Gewinner. Die Hertha ist sein Sorgenkind los, das sein Talent zu selten gezeigt hat und nicht mehr mitgezogen hat. Dafür haben sie in Berlin mit Sverkos einen technisch starken, beidfüßigen, kopfballstarken Spieler mit hoher Spielintelligenz bekommen.

Bei Borussia sieht es ähnlich aus. Sverkos hat sich nicht mehr aufgedrängt, nicht weiterentwickelt und deshalb wurde der «tut-nix»-Profi nach Berlin abgegeben. Dafür konnte man sich ein Juwel des Typs "ein bisschen Yeboah, ein wenig Mpenza" angeln.

Jetzt stellt sich die Frage, wer denn wirklich das Rennen gemacht hat. Statistisch darf sich zunächst die Hertha als Sieger fühlen. Sie hat einen U-21–Nationalspieler mit einer Torquote von 16 Toren in 70 Bundesligaspielen abgegeben um einen U-21-Nationalspieler mit der Quote von 17 Toren in 70 Bundesligaspielen zu verpflichten.
Klarer Fall: 1:0 für Hertha.

Andererseits hat Borussia Nando Rafael gekauft und für 3 ½ Jahre unter Vertrag genommen, während Hertha Sverkos nur ausgeliehen hat und das auch noch ohne Kaufoption.
Punkt für Borussia.

Am 19. Spieltag haben beide von Anfang bei ihren neuen Clubs gespielt. Beide ohne Tor. Beide Kicker-Note 5.
Unentschieden.

Wir werden also die Saison abwarten müssen, ob am Ende Hertha ihrem Sturmtank nachtrauert, Borussia zwei faule ewige Talente unter Vertrag hat oder es doch ganz anders kommt. Hoffentlich wird es auch dann nur Gewinner zu vermelden geben.

3.2.06

Im Trüben gefischt: Der FC Bayern und die Vermarktungsrechte

Sehr verehrte Freunde des spochtverbunden Vergnügens,

der Vorstand des Ligaverbandes hat nun endgültig die finanzielle Verteilung der Vermarktungsrechte für Erst- und Zweitligisten in der Saison 2006/2007 beschlossen. Liga-Präsident Werner Hackmann ist mit der Entscheidung sehr zufrieden, wie der Pressemeldung der DFL zu entnehmen ist. Auch Karl-Heinz Rummenigge wird’s gefreut haben.

Nun ist Freude, vor allen Dingen über mehr Geld, grundsätzlich weder verwerflich noch verboten. Geld ist nützlich und vor allen Dingen: es stinkt nicht. Das wiederum sagt man eher Fischen nach. Und die stinken bekanntermaßen vom Kopfe her. Nehmen wir uns daher einen Augenblick Zeit und beschnuppern wir diesen Fisch.

420 Millionen Euro aus den audio-visuellen Vermarktungsrechten können in der nächsten Spielzeit über die Profivereine ausgeschüttet werden. Alleine dem Meister könnten so 23,3 Millionen Euro plus eine Meisterprämie von vier Millionen Euro (bisher maximal 16 Millionen) zufallen. Eine erkleckliche Summe.

Gegen das von der DFL propagierte Leistungsprinzip ist grundsätzlich nichts einzuwenden. Wer erfolgreich spielt, der sollte dafür auch belohnt werden. Das werden auch die kleineren Vereine einsehen, bzw. das haben sie wohl einsehen müssen. Darüber hinaus sollte der Verteilungsschlüssel der DFL über die monetäre Rekordausschüttung einen zusätzlichen Anreiz bieten, in Zukunft möglichst gut abzuschneiden. Sollte man jedenfalls meinen.

Also, wo liegt der Hase hier im Pfeffer? Das Problem ist die sportliche und finanzielle Dominanz des amtierenden Deutschen Meisters und seine furchtbare Polemik. Seit Wochen liefern sich Uli Hoeneß und Karl-Heinz Rummenigge einen medialen Privatkrieg mit dem Vorstandsvorsitzenden der Frankfurter Eintracht, Heribert Bruchhagen, in just jener causa. Dieser hatte die geplante Verteilung der Gelder als unfair und zu einseitig gegeißelt. Rummenigge, Vorstandschef des FC Bayern München, drohte daraufhin sogar mit einer Klage vor dem Bundeskartellamt und dem Europäischen Gerichtshof.

Warum die Aufregung? Ist der scheinbare Futterneid der kleinen Vereine wirklich so impertinent? Kann der FC Bayern demnächst im internationalen Konzert der Großen tatsächlich nicht mehr mithalten, sollte er sich dem von Bruchhagen geforderten Solidarprinzip innerhalb der Liga verschreiben müssen?

Zuerst die Fakten: Dazu reicht ein Blick auf die Tabelle und die Statistik der bereits absolvierten Spiele. 15 von 18 Spielen gewonnen, 38:13 Tore, 8 Punkte Vorsprung auf den Zweitplatzierten. Bereits 18 Punkte Vorsprung auf den VFB Stuttgart, der auf Platz sechs nicht automatisch für einen internationalen Wettbewerb qualifiziert wäre, sollte die Liga morgen enden. Sieht so Wettbewerbsverzerrung aus? National gesehen, zumindest aus Sicht der Bayern wohl kaum.

Im Achtelfinale der Champions League wartet in drei Wochen der AC Mailand. Hier könnte man das Ungleichgewicht der Bayern gegen die Berlusconi-Milliarden ins Gespräch bringen, sollte sich der Rekordmeister von der Säbener Straße hernach aus dem laufenden Wettbewerb verabschieden. Aber will man das tatsächlich? Auf das alte bayrische Leitmotiv „Mir san mir“ haben sich die Bayern immer gerne besonnen und sind damit, das sage ich mit vollem Respekt, immer gut gefahren. Und das mit ehrlichen und soliden Mitteln, statt geltendes Recht zu beugen, wie es z.B. in Italien an der Tagesordnung zu sein scheint.

Wer um Himmels Willen soll denn da in Zukunft noch mithalten? Wer kann die Dominanz der Bayern brechen? Für wen ist der Verteilungsschlüssel der Anreiz, die Liga in den kommenden Jahren spannend zu halten? Und wie soll das bewerkstelligt werden? Uli Hoeneß hat die Antwort auf diese Frage bereits selbst gegeben. Wechselt Deutschlands größtes Talent Lukas Podolski im Sommer nach Hamburg oder Bremen? Oder kommt er zu den Bayern? Wenn es um die finanziellen Möglichkeiten geht, dann wohl zum FC Bayern. Dazu der Bayern-Manager in der SZ am 07.01.06

Hoeneß: Dass sich der HSV bemüht, ist ja legitim. Die große Frage ist, ob die - wenn's drauf ankommt - in die Festgeld- oder in die Kreditabteilung gehen müssen, um den Spieler zu bekommen.

SZ: Und der Festgeldspeicher des FC Bayern wird immer voller, oder?

Hoeneß: Nein, aber er ist auch nicht leerer geworden.

SZ: Trotz der neuen Personalien?

Hoeneß: Zahlen wir aus dem Cashflow.

SZ: Ballack auch?

Hoeneß: Ja.

SZ: Podolski?

Hoeneß: Die Ablöse käme vom Festgeld, Gehalt nicht. Aber unsere liquiden Mittel liegen zwischen 120 und 150 Millionen Euro, die werden nicht weniger.

SZ: Was wollen Sie mit dem vielen Geld noch anstellen?

Hoeneß: Gar nichts. Liegenlassen. Und immer vermehren. Immer vermehren. Oder sollen wir's rausschmeißen?

Vermehren, immer vermehren. So spricht ein solider Kaufmann, das ist redlich. Sich andererseits hinzustellen und die Ligakonkurrenten mit Klagen überziehen zu wollen, um notwendigerweise die Einzelvermarktung für sich selbst durchsetzen zu können, das ist unredlich und unsäglich.

Pikanterweise meldeten sich nur Heribert Bruchhagen und Bochums Präsident Werner Altegoer zu Wort und warnten vor der immer weiter auseinanderklaffenden Schere innerhalb der Bundesliga. Die durch „Schechter“ geplagten Mitkonkurrenten hielten sich schön brav zurück, obwohl sie das Geld mindestens so gut, wenn nicht sogar dringender, benötigen würden, als der FC Bayern. Aber diese Vereine wissen ja bereits, womit sich die von Hoeneß und Rummenigge gerne zitierten ausländischen Topklubs herumplagen. Schulden, Insolvenzen, Abhängigkeiten und Ärger mit dem Fiskus.

Ein solide wirtschaftender Verein wird immer im Haifischbecken des europäischen Wettbewerbs mitschwimmen können, vor allen Dingen, wenn er in den Größenordnungen eines FC Bayern wirtschaften kann. Für Spielerverpflichtungen gilt das ebenfalls. Profis und deren Berater träumen nicht nur von nationalen und internationalen Spielen und Titeln, sie träumen auch von pünktlich und zuverlässig gezahlten Gehältern. Sonst platzt die Blase schneller als Pustefix-Seifenträume. Aufgrund der bereits ausgeführten nationalen Dominanz müssen weder Hoeneß noch Rummenigge ernsthaft an ihrer weiteren Teilnahme an europäischen Pokalwettbewerben zweifeln. Und wohl auch nicht an ihrer Spitzenposition im europäischen Fußball.

In diesem Sinne wäre mehr Solidarität innerhalb der Bundesliga und eine breitere finanzielle Verteilung der vorhandenen Gelder zu Gunsten des sportlichen Wettbewerbs durchaus wünschenswert gewesen. Es ist eben nicht der Neid der vermeintlich kleinen Clubs auf den großen Ligakonkurrenten, der anrüchig erscheint. Der Beißreflex des Alphatieres läßt den Fisch zum Himmel stinken. Wie gesagt, vom Kopf her. Schade nur, daß dieser Fisch jetzt von allen anderen heruntergewürgt werden muß. Guten Appetit!

2.2.06

Alle unsere frühen Schlachten

Der Präses zeigt sich wieder unnachahmlich: er spricht die Wahrheiten aus, die keiner hören will und, mehr noch, bei denen die meisten schwerste Probleme mit der Aussprache hätten. Das ist ein Präses, für den Schwiegermütter lang stricken können. Dem Meinungstrom folgen ist sein Ding nicht, "PC" hält er für einen Computer. Darum ist er da, wo er ist, ganz oben. Denn viele kommen an den Fuß des Himalayas, doch je weiter man hinaufsteigt blablaba.

Somit ist es völlig richtig, die Debatte um das Bökelbergstadion zu versachlichen. Auch ich bin der Meinung, dass der Abriss völlig richtig ist.

Jedoch, es sei die Frage erlaubt, mon président: Ist denn die einzige Eigenschaft, die ein Spiel zu einem großartigen macht, dass es sich um wichtige Halbfinal- und Finalspiele, insbesondere auf internationaler Bühne handelt? Zu diesem Schluss muss man kommen, führt man sich die Liste der Partien vor Augen, die der Präsident zur Untermauerung seiner These beilegt: Inter Mailand '71, Köln '73, Enschede '75, Belgrad '79. Völlig richtig ist natürlich die Klarstellung, dass die Mehrheit dieser Spiele nicht am Bökelberg stattgefunden haben. Viel wichtiger, auch für den President, ist natürlich die Feststellung, dass es "nicht die Bausubstanz [war], die den Reiz des Bökelbergstadions ausmachte sondern der Fußball, der dort dargeboten wurde und die von rund 30000 Zuschauern hervorgerufene Stimmung."

Genau. Und wenn man von tollen Spielen am Bökelberg (oder eben nicht dort) spricht, sollte man auch folgende Spiele in die Liste aufnehmen:

- das Spiel, bei dem Jörg Neun nach einem Foul zu dem mit Schmerz verzerrtem Gesicht am Boden liegenden Gegenspieler sagte: "Du bist nichts weiter als ein Schauspieler-Arschloch",

- das Spiel, bei dem der Harry einkassiert wurde,

- das Spiel, als (als Menetekel der heutigen professionellen Schau vor einem Spiel) eine Miss Sonstwas im offenen Cabrio einmal um den Platz gefahren wurde.

Mindestens.

Der Bökelberg hat seine Schuldigkeit getan. Der Erinnerung genüge eine "begrünte, geschwungene Terrassenlandschaft mit begehbarem Rasen, die nach oben mit einer Baumzeile und nach unten mit einer Rasenfläche und einem kleinen Weiher begrenzt wird."
Ernsthaft!

Der Bökelberg wird abgerissen – und das ist auch gut so


Die etwas andere Meinung (1)

Ungezählte Autoren haben sich in letzter Zeit mit einer Träne im Knopfloch darüber beschwert, dass das mehr alte als gute Bökelbergstadion der Abrissbirne zum Opfer fällt. Ein Ort an dem die Borussia großartige Spiele abgeliefert hat, dürfe doch nicht so mir-nichts-dir-nichts dem Erdboden gleich gemacht werden. Aber welche großen Spiele haben denn wirklich auf dem Berg in Mönchengladbach-Eicken stattgefunden?

Unvergessen ist das Spiel gegen Inter Mailand vom 20.10.1971, wo die Italiener mit 7:1 aus dem Stadion gefegt wurden. Nur ein Erfolg war dieses Spiel nicht, da es bekanntlich nach der Darbietung von Boninsegna mit Büchse annulliert wurde.

Ein anderes großes Spiel war das DFB-Pokalfinale von 1973, in dem Günter Netzer sich selbst einwechselte um nur drei Minuten später das Siegtor zu schießen. Nur zu dumm, dass dieses Spiel leider im Düsseldorfer Rheinstadion stattgefunden hat.

Gern erinnert man sich auch an den UEFA-Cup-Sieg 1975 gegen Twente Enschede. Für das grandiose 5:1 ist die Mannschaft nach Holland gefahren. Das Hinspiel (0:0) war übrigens in Düsseldorf.

Oder der UEFA-Cup Finalerfolg 1979 gegen Roter Stern Belgrad? Da wurde das Heimspiel doch gewonnen, oder? – Ja aber, wie soll es auch anders sein, in Düsseldorf.

So gesehen hätte man sich viel eher beschweren müssen, als das Düsseldorfer Rheinstadion gesprengt wurde. Da hat sich aus dem Borussenlager aber kein Mucks geregt.

Das Bökelbergstadion ist seit etlichen Jahren nicht mehr in dem baulichen Zustand, den man sich gewünscht hätte. Erste Anzeichen gab es doch schon 1971, als der Pfosten ohne Vorwarnung seinen Dienst quittierte und die Borussia so zwei Punkte kostete.

Es war nicht die Bausubstanz, die den Reiz des Bökelbergstadions ausmachte sondern der Fußball, der dort dargeboten wurde und die von rund 30000 Zuschauern hervorgerufene Stimmung. Ungenutzt bot es einen traurigen Anblick: eine Mischung aus Rost und Beton. Seit dem Umzug der Borussia in das neue Stadion ist klar, dass dort kein Profispiel mehr stattfinden wird und die Atmosphäre nie mehr zu spüren sein wird. Somit hat das Stadion jede Existenzberechtigung verloren.

Warum sollten sich die Mönchengladbacher Stadtväter auch den Luxus eines Stadions gönnen, in dem keine einzige Sekunde Bundesligafußball gespielt wird. Es gibt am Niederrhein doch schon ein Stadion, das diese Voraussetzung erfüllt – in Düsseldorf.

1.2.06

Die etwas andere Meinung

Verehrte Leserschaft,

das Fohlenkommando ist ebenso streitbar wie diskutiv. Aus diesem Grund wird hier zukünftig in unregelmäßigen Abständen die präsidiale Reihe „Die etwas andere Meinung“ erscheinen.

Mit den besten Wünschen für mehr als neunzig Minuten