Mer losse d‘r Dom in Kölle...und bitte unversehrt!
nachdem das Fehlverhalten der Spieler Strasser und Keller nach dem samstäglichen Derby drei Tage medial aufbereitet wurde, hat heute der DFB-Kontrollausschuß das Schlußwort gesprochen. Vorerst! Die Presse wird sich am morgigen Tag mit Sicherheit erneut mit dem Thema befassen. (Befassen wollen, befassen müssen, befassen dürfen, was auch immer) Dabei war die Sache eigentlich aus der Welt geschafft, nachdem sich Spieler und Verein bei den Kölner Fans und Verantwortlichen entschuldigt haben und diese Entschuldigung auch korrekterweise akzeptiert worden ist.
Ist die Strafe durch den DFB dadurch überflüssig geworden? Oder vielleicht sogar völlig überzogen? Ich meine: Nein!
Es ist für mich ganz und gar nicht unverständlich, daß der DFB sich mit diesem Fall auseinandersetzt. Und dabei interessiert mich ehrlich gesagt überhaupt nicht, ob die Kontrollgremien ähnliche Fälle, sowohl in der Vergangenheit, als auch in der Zukunft, ähnlich bewertet haben oder noch bewerten werden. Ich würde es sehr begrüßen, wenn ich ehrlicherweise auch nicht auf ein regelmäßiges und hartes Durchgreifen und eine stringente Anwendung des Verhältnismäßigkeitsgrundsatzes seitens des DFB vertrauen möchte. Die ausgesprochene Strafe betrifft Spieler, denen ich regelmäßig zujubele, deren Partien ich beiwohne und mit denen ich mich identifizieren möchte. Und was ich am Samstag nach dem Spiel im Stadion gehört und gesehen habe, daß bereitet mir absolut keinen Spaß! Identifizieren möchte ich mich damit sowieso nicht. Kurzum, mir geht die extreme Anti-Köln Stimmung schon lange auf den Keks.
Ich weiß, daß ein Derby besonders ist. Ich weiß es vielleicht besser als manch anderer. Ich bin mir bewußt, daß Emotionen dazugehören und diese im Stadion auch ausgelebt werden sollen, aber dazu gehört kein Hass. (Ich verweise an dieser Stelle gerne auf einen ehemaligen Terrier aus Kleinenbroich und die dazugehörige Aphorismensammlung) Ich bin Mönchengladbacher und lebe in Köln. Ich bin rautengeil, aber viele meiner Freunde und Kollegen drücken dem FC die Daumen. Ich kenne die Sentenzen über die niederrheinische Provinz zu Genüge; Phrasen über traktorfahrende Rübenbauern und lahmende Ponys, etc. Es ist nicht immer wirklich lustig, aber zumindest einer Sache kann ich mir sicher sein: ein gerüttelt Maß an Restniveau und Respekt bleibt bei aller Stichelei stets gewahrt. Das kann ich im Umkehrschluß übrigens genauso behaupten. Drei Kölner Abstiege in wenigen Jahren sind weit mehr als eine Steilvorlage für ein wenig Spott unter Freunden und Kollegen. Denn auch die Karnevalisten vom Geißbockheim kommen natürlich nie ungeschoren davon. Trotzdem freuen wir uns gemeinsam auf die Duelle, den ehrlichen Kampf, und hoffen zumindest auf schönen Sport.
Was ich allerdings nicht nachvollziehen kann und möchte, daß ist der übertrieben unsportliche Hass, der in beiden Fankurven immer wieder aufs Neue geschürt wird. Wo sind denn eigentlich die Freude und der Spaß an einem Derby geblieben? Beharkt werden sollte sich auf dem Platz, aber dafür sind lediglich die Spieler zuständig. Generell würde ich mir bei aller Rivalität einen gepflegteren Umgang miteinander wünschen. Man mag mich ruhig pingelig schimpfen, meine Ansicht übertrieben nennen oder, was emotionsgeladenen Fußball angeht, wirklichkeistfremd. Mein frommer Wunsch ist dann anscheinend zu viel verlangt.
Dieses Mal sind halt die Gladbacher beidbeinig und zu tief in den Fettnapf getreten. Wenn sich einige Fans schon nicht beherrschen können oder wollen, dann sollten es wenigstens die Spieler tun.
Ich habe an dieser Stelle bereits zu zwei dieser Themen Stellung bezogen. Sowohl zum Derby, als auch zu den guten, alten Stadionzeiten. Es stimmt: manchmal vermisse ich die Vergangenheit auf dem Bökelberg. Was ich lediglich nicht vermisse, ist schlechtes Benehmen und stumpfe Dummheit. Lange vorbei sind die Zeiten, als gegenerische Fans und Spieler mit „Asylanten“-Rufen bedacht wurden. Gott sei Dank! Auch die Erinnerung an einige Begegnungen, in denen ich mich über rassistische Schmähungen Einzelner aus meinem Fanblock gegenüber gegnerischen Spielern ärgern mußte, vermisse ich zu keiner Zeit. Ebenso gut kann ich auf den verbalen Dreisatz verzichten (ich zitiere ihn hier nicht, aber er dürfte bekannt sein), der gegenerischen Torhütern beim Abschlag immer mal wieder zugerufen wird.
Die mentale Einstimmung auf das Spiel gegen Köln kann man mit CD-Fangesängen aus der Nordkurve anheizen, muß man aber nicht.
"Die Borussen hatten eine Woche lang die Anti-Köln-Songs in der Kabine gehört (die Fans haben eigens ein „Cologne-Medley“ erstellt, das indes eigentlich nur für die „Kurve“ bestimmt ist)." (Quelle: RP)
Der schlechte Rückrundenstart hätte Anlaß genug sein müssen, den Fans und sich selbst einen Sieg bescheren zu wollen. Das nur noch einmal ex post.
Aber zurück zur Strafe. Ich finde sie nicht überzogen! Ich finde sie angemessen. Vereine und Spieler werden bei Fehlverhalten durch den DFB bestraft. Sanktionsmaßnahmen betreffen sowohl diejenigen, die Leuchtraketen in Richtung eines Torhüters feuern oder Trommelstöcke nach Spielern schmeißen und genauso die, die andere wohlweislich beleidigen und provozieren. Meist trifft es die Fans, jetzt hat es auch mal Spieler erwischt. In Kellers Fall möchte man auf Grund der vorhandenen Sprachbarriere Milde walten lassen. Mit der Kurve ein Lied über "Cologne, die Scheiße vom Dom" anzustimmen, ist alles andere als galant, aber wohl immer noch im Rahmen der unteren Niveauskala anzusiedeln, zumal er nach eigenem Bekunden nicht wußte, worum es in diesem Lied geht und nur aufgeschnappt hat, was die Kurve sowieso singt. Aber auch Unwissenheit schützt bekanntlich nicht vor Strafe. Jeff Strasser aber, der Kapitän, hätte es definitiv besser wissen müssen und sich daher in Zurückhaltung üben können. Ein Lied über den verbrannten Dom und den auf der Asche tanzenden VFL, daß schießt meiner Meinung nach über das Ziel, einen Sieg feiern zu wollen, hinaus. Das gehört nicht mehr zu einem Derby und es gehört auch sonst nirgendwo hin. Ich fand es nicht schön, erwachsenen Männern bei ihrer peinlichen Sing- und Tanzveranstaltung zusehen und zuhören zu müssen. Und wenn die Geldstrafe dazu beitragen sollte, daß solche Geschehnisse in Zukunft im Borussiapark ausbleiben, dann hat der DFB alles richtig gemacht.
Wer sich darüber freuen sollte, nächstes Jahr den KSC anstatt den FC zu Gast zu haben, dem wünsche ich viel Vergnügen bei diesem Spiel. Ich dagegen wäre froh, wenn die Kölner in Burghausen keine Grüße von uns ausrichten müßten und es nächstes Jahr wieder ein rheinisches Derby geben würde. Mit Emotionen, Spaß, Sport und Spiel. Aber bitte ohne faden Beigeschmack.
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