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Auswärtsstark (8)




In unregelmäßgen Abständen berichten die Schreiberlinge des FohlenKommandO über ihre Groundhopper-Erlebnisse aus anderen Ligen, anderen Ländern. Heute: Major League Soccer, New York Red Bull – Chicago Fire, 23.05.2007, East Rutherford, NJ, Giants Stadium.

Es war wirklich nicht einfach für mich, das Giants-Stadium in East Rutherford ohne bedrückende Hintergedanken zu betreten. Ehrlich gesagt trifft das den Nagel nicht wirklich auf den Kopf. (Es ist und bleibt Giants, Jets & Devils - Country, pfui!) Trotz meines gesteigerten Verlangens nach Live-Fußball muß ich gestehen: eigentlich war es die Hölle für mich. Seit langen Jahren liegt meine zweite Heimat in South Jersey und von dort geht’s innerhalb weniger Minuten nur mal gerade eben über die Walt-Whitmann- oder Ben-Franklin-Bridge und schon bin ich in Philadelphia. Dort residieren auch die von mir bevorzugten Teams uramerikanischer Sportarten. (Ein hartes Schicksal, aber als Borussenfan bin ich hart im Nehmen) Man kann ja vieles gut finden, von mir aus, aber wenn es um die wirklich wichtigen Dinge des Lebens geht, zum Beispiel Sport, dann kann New York keinesfalls, ich wiederhole, auf gar keinen Fall eine in Betracht zu ziehende Option für Menschen aus der Tri-State-Area sein. New York hat viel Gutes zu bieten, gar keine Frage, was mir in den Sinn kommt hat aber nicht mit Sport zu tun. Und als wäre das bisher nicht schon schlimm genug, wurden deren Kicker formerly known as MetroStars zu allem Überfluß vor der Saison auch noch in die New York Red Bull transformiert, was die ganze Geschichte noch alberner macht.

Trotzdem, nachdem ich schon am Vortag das Champions-League-Finale ab kurz nach zwei Uhr am Nachmittag(!) sehen mußte, (der Fußballbildschirm in der Bar war zwischen zwei Fernsehern eingeklemmt, die recht lautstark zusätzlich sowohl die laufenden Basketball, alsauch die Eishockey Play-Offs analysierten) versuche ich es in meiner Skepsis ähnlich sportlich wie einst Lothar Matthäus bei seiner Antrittspressekonferenz in New York zu nehmen und hoffe, I get möglicherweise a little bit lucky! Ich darf vorweg nehmen, es hat nicht geklappt. Aber der Reihe nach.

Der Strafraum von Chicago Fire brennt lichterloh

Die erste schlechte Nachricht entnehme ich bereits dem Sportstalkradio auf dem New Jersey Turnpike: Claudio Reyna spielt heute nicht. Prima, der einzige wirklich international bekannte Fußballer der Partie fällt also aus. Außerdem komme ich, dem Sicherheitswahn sei Dank, ungefähr genau eine Minute zu spät ins Stadion und verpasse das erste Tor der Partie. Jozy Altidore knipst bereits nach 55 Sekunden das 1:0 und bringt die Mannschaft des österreichischen Brauseherstellers in Führung. Der Jubel ebbt gerade wieder ab, als ich einen ersten Blick ins Stadioninnere und auf das Spielfeld werfen kann. Na, dann sollte ich mir vielleicht in aller Ruhe erst mal ein Bier besorgen. Prinzipiell keine schlechte Idee, allerdings sind die vorhandenen Verkaufsstände hinter meiner Sektion geschlossen. Während ich noch kurz überlege, ob ich auf die andere Seite des Stadions wechseln oder lieber doch erst mal Platz nehmen soll, fällt inmitten meines Gedankengangs das zweite Tor der ersten Halbzeit. Juan Pablo Angel, vormals bei Aston Villa beschäftigt, erzielt in der dritten Minute das 2:0. Wenigstens kann ich mir das Tor in der Wiederholung auf den zahlreichen Fernsehern anschauen. Das Spiel läuft seit geschlagenen drei Minuten und bin bereits leidlich bedient.

Die zweite schlechte Nachricht: während der nächsten 42 Minuten passiert genau...nichts. Während ich aus lauter Angst, ein mögliches drittes Tor im Stadion zu verpassen und damit wahrscheinlich einen Rekord aufzustellen, auf meinem Platz ausharre, versuchen unten auf dem Rasen 22 Männer in Trikots und Sporthosen irgendetwas zu veranstalten, was dem Titel der Veranstaltung gerecht wird: Major League Soccer. Die Betonung liegt dabei auf Major. Nach einer kompletten Saison des uninspirierten Fußballs in Mönchengladbach ist das nun wirklich Höchststrafe. Schlechte Pässe, viele Ballverluste, kaum herausragende Technik, wenig Fouls, daher auch nur selten Standardsituationen, zaghafte Stimmung und ich sitze noch immer auf dem Trockenen. Kein Vergnügen. Mein Sitznachbar wird da schon etwas deutlicher: «That’s some rad bullshit!». Pointierter und richtiger kann ich es auch nicht ausdrücken.

Ich habe keine Ahnung wer oder was in der Halbzeit tatsächlich Flügel verleiht, Tatsache ist, die Chicago Fire kommen wesentlich besser aus der Pause und versuchen zumindest, dem Spiel die vielleicht entscheidende Wende zu geben. New Yorks Torsteher Jon Conway bekommt somit ein paar nette Gelegenheiten präsentiert, sich publikumswirksam auszuzeichnen. Die Aufregung hält aber nicht lange vor, denn New York nimmt nach der kurzen Drangperiode der Gäste das Heft wieder in die Hand. Es ist nicht wirklich auszumachen, ob Chicago nicht besser kann (oder will) oder ob New York die Führung lediglich routiniert herunterspielt. Es ist wohl eine Mischung aus beidem. Glaube ich?

Konsequenterweise erzielt Angel in der 68. Minute das 3:0 und der Drops ist gelutscht. Dreimal, und das wäre dann somit auch ein für alle Mal geklärt, ist nicht nur Bremer Recht, es gilt auch hier. Die dritte schlechte Nachricht des Abends lautet nämlich: das Bier entfällt komplett. Die Stadionordnung verbietet ab der 50. Minute den Ausschank von Alkohol. Womöglich herrscht die Sorge vor, die eh schon ausgelassene Stimmung auf den Rängen könnte das zu gut einem Fünftel gefüllte Stadion in einen wahren Hexenkessel verwandeln. Das kann keiner wollen, dafür habe ich Verständnis. Gummibärenlimonade mag ich aber nicht. Es hilft alles nichts, wenn die gewohnten Komponenten eines Fußballspiels, Sport und wenigstens ein leckeres Bierchen, ausfallen, kann und muß ich mich daher noch ein wenig dem Geschehen auf den Rängen widmen.

Wahrlich kein schönes Spiel, aber wer wird denn da gleich weinen...

Hinter einem Tor haben sich ca. dreihundert New Yorker Fans zusammengerottet und imitieren, was sie wohl aus dem Fernsehen kennen. Die Schlachtgesänge We are Metros, piss on you!» und «We hate D.C., oh, we hate D.C.!») sind nicht unbedingt originell, aber dafür allemal stadiontauglich. Wenigstens das funktioniert einwandfrei. Außerdem wird unablässig gehüpft, werden ausgiebig Mittelfinger in alle Himmelsrichtungen gestreckt und wanking claws wie Kusshände unters Publikum geworfen. Das ist für sich genommen recht unterhaltsam, weil für amerikanische Verhältnisse schon extrem ungewöhnlich. Meine Aufmerksamkeit richtet sich noch ein einziges Mal auf den Rasen, denn ab der 78. Minute darf dann auch noch Markus Schopp, der aus seiner Zeit beim HSV noch ein Begriff sein dürfte, ein bißchen mittun.

Kurz drauf ist Schluß. Viele der hispanischen Zuschauer schauen genauso wenig begeistert wie ich, ein paar grölende Studenten der Rutgers Universität fanden sich und die Stimmung dafür extrem geil, ich habe es nach all den Jahren wenigstens einmal zu einem Major League Spiel geschafft und bin daher um eine wichtige Erfahrung reicher. Und das ist die erste wirklich gute Nachricht des Tages: Die Major League Soccer ist in East Rutherford schon ganz gut aufgehoben. In Philadelphia kann man sich auch ohne weiterhin recht ordentlich anderweitig beschäftigen.
(Fotos: FohlenKommandO 2007)

Bisher in dieser Reihe erschienen:
Auswärtsstark (7): Borussia Mönchengladbach II - FC St. Pauli
Auswärtsstark (6): Bayer Leverkusen - CA Osasuna
Auswärtsstark (5): Bayer Leverkusen II - FC St. Pauli
Auswärtsstark (4): Eintracht Frankfurt - Newcastle United
Auswärtsstark (3): Öffentliches Training des 1. FC Köln
Auswärtsstark (2): Fortuna Düsseldorf - FC St. Pauli
Auswärtsstark (1): Factor Ljubljana - Bela Krajina

Schöner Bericht und gute Fotos. Unfassbar die ganze Red-Bull-wir-übernehmem-gleich-den-ganzen-club. Besonders gut gefallen mir die trashigen hot-pants von djorkaeff

Soll man(n) da Mitleid haben... und das Beuteschema eines groundhoppers muss auch nicht wirklich gefallen ;-) Aber es tut so gut den Plagiatoren ein wenig Backenfutter zu verabreichen... Fussball geht eben nicht durch abgucken...

Art is either plagiarism or revolution...

respect... KC

Right on, KC, it's been a long s strange trip, but I'll guess I'll keep on truckin' anyway... somebody's gotta teach 'em!

Turn on you're lovelight! I know you like that booty! ;-)

Keep it real!

TGM