« zurück zur Hauptseite | zum vorherigen Beitrag » | zum vorherigen Beitrag » | zum vorherigen Beitrag » | zum vorherigen Beitrag » | zum vorherigen Beitrag » | zum vorherigen Beitrag » | zum vorherigen Beitrag » | zum vorherigen Beitrag » | zum vorherigen Beitrag » | zum vorherigen Beitrag »

Auswärtsstark (5)




In unregelmäßgen Abständen berichten die Schreiberlinge des FohlenKommandO über ihre Groundhopper-Erlebnisse aus anderen Ligen, anderen Ländern. Heute: Regionalliga Nord, Bayer 04 Leverkusen II - FC St. Pauli, 24.03.2007, Leverkusen, BayArena.

Es ist gerade ein paar Tage her, da sandte der Leverkusener Voronin per Spann einen verunglückten Ball in der Nachspielzeit der Bundesligapartie gegen Gladbach auf die Reise und eben jener Ball schickte sich dummerweise auf seiner Flugbahn an, seinen bereits vorhergesehenen Weg zu verändern, indem er nämlich von Sebastian Svärds Rücken abprallte, in die entgegengesetzte Richtung flatterte und Gladbachs überraschtem Torhüter Kasey Keller keine Chance zu einer abermaligen Rettungstat bot. Mit dem ins Tor trudelnden Ball verloren die Borussen einen wichtigen Punkt im Abstiegskampf und möglicherweise auch die Hoffnung, das rettende Ufer noch aus eigener Kraft zu erreichen. Die Möglichkeit, nach 34 Spieltagen wenigstens eine Handbreit Luft zwischen sich und drei Absteiger zu bekommen, wird zusehends schlechter. Schock schwere Not.

Egal wie traurig und vor allen Dingen verstörend dieser Rückschlag in Leverkusen auch verlaufen sein mag, mein Therapeut wußte mir dieser Tage sofort Abhilfe zu verschaffen: und zwar mit einem Besuch in der BayArena. Am Samstagmittag trafen dort die Bayer Bubis aus der Regionalliga auf die Kiezkicker aus Hamburg St. Pauli. Aus medizinisch-psychologischer Sicht sollte dieser erzwungene Besuch eines Drittligaspiels an der Stätte des Grauens den eine Woche zuvor erlittenen Schock bewältigen helfen. Traumatherapie durch Konfrontation sozusagen, friedfertige Konfrontation versteht sich. Ich muß gestehen, es hat nur mäßig geholfen. Aber vielleicht muß man es als Borussenfan aufgrund langjähriger seelischer Grausamkeiten so sportlich wie Woody Allen als Alvy Singer in seinem Meisterwerk «Annie Hall» halten und attestieren: «Ich gehe seit 15 Jahren zu meinem Therapeuten. Ich gebe dem Kerl noch ein Jahr, danach fahre ich nach Lourdes


Huhu, winkt doch mal!

Die BayArena also, oder besser Ulrich-Haberland-Stadion, wie man noch immer geneigt ist zu sagen, ist ein kleines, nettes Provinzstadion, aber selbst für diesen Anlaß ein bißchen zu groß geraten. Der Eintritt ist dafür fast umsonst, die Bratwurst schmeckt und die Atmosphäre ist ausgesprochen freundlich. Während ich die obligatorische Frühstücksbrat verzehre, schleicht Neunationalspieler Simon Rolfes noch schnell durch den Presseeingang und verhilft mir zu einem Grinsen. («Schickes Umhängetäschchen, Herr Rolfes! Designerboutique? Oder Schnapper von der Stange?») Auf der Haupttribüne ist anschließend genügend Raum zur freien Platzwahl zwischen Familienvätern nebst Kleinkindanhang und den in die Jahre gekommenen Kiebitzen. Ein paar Kinder und Halbstarke grölen in den vorderen Reihen irgend etwas über Bayer 04 und versuchen den Pauli-Fans einigermaßen deutlich zu machen, daß diese tatsächlich einem Auswärtsspiel beiwohnen. Sehr schön.

Zum Spiel selbst ist nicht viel zu sagen. Die detaillierten und relevanten Informationen zum Spielverlauf entnehmen sie bitte der Fachpresse. So viel sei gesagt: St. Pauli spielt nach kurzer Druckphase schlecht und fahrig, das Motto lautet hoch und weit auf Morike Sako schießen und dann beten, Bayer 04 hingegen müht sich redlich und kann tatsächlich mit ein paar gelungenen Kombinationen aufwarten. In der 38. Minute geht Pauli durch einen schwachen Distanzschuß in Führung, Bayer egalisiert nur zwei Minuten später. Das Spiel plätschert vor 4.200 Zuschauern bis zum 2:1 in der 68. Minute so dahin und wirklich spannend ist nur die Frage, ob die Heizstrahler unter dem Dach doch noch angeschaltet werden. Es ist reichlich frostig auf der zugigen Tribüne.


Und jetzt die Pocke einfach mal hoch in Richtung Strafraum hauen

Das mein Therapieversuch aufgrund des leeren Stadions, einem mäßigem Spiel und der daraus resultierenden mangelnden Konzentration an diesem Nachmittag nicht so recht gelingen will, ist ärgerlich. Kurz vor Spielende, welch Ironie des Schicksals, sorgt jedoch ausgerechnet ein Mönchengladbacher in der BayArena für ein weiteres recht tief sitzendes Trauma. Nämlich bei allen anwesenden Paulianern. Ein ehemaliger Mitabiturient, namentlich Mark Borsch, vergeigt seinen bis dahin tadellos souveränen Eindruck als Schiedsrichter der Partie mit einer krassen Fehlentscheidung und raubt den Hamburgern die, wenn auch unverdiente, Punkteteilung durch Aberkennung des regelgerechten Ausgleichtreffers. Schade, das war nun wirklich absolut unnötig. Zumal selbst alle sehgeschädigten Leverkusener Rentner auf der Tribüne hätten richtig urteilen können, sofern sie denn auch gewollt hätten. Aber wie wir alle wissen ist der Schiri stets die ärmste Sau auf dem Platz und vor allen Dingen derjenige ohne jeglichen Plan. Sonst macht es keinen Spaß. So kam dann wenigstens noch mal ein paar Minuten Pfeffer in die Partie. Holger Stanislawski jedenfalls bedachte Schiri Borsch nach Spielende mit wohl gewählten Glückwünschen zu seiner Entscheidung, die allem Anschein und dem Lautstärkepegel nach sämtliche je geäußerten Flüche und Verwünschungen des Fußballkurses der BMS Mönchengladbach unter Ausbilder «Coach» Schmidt in der Hallensaison 96/97 locker in den Schatten gestellt haben mögen. Ja, so ist das. Aber es hat ja auch keiner behauptet, Spiele pfeifen wäre wie Ferien auf dem Ponyhof.


Eine krasse Fehlentscheidung des Schiedsrichters entscheidet das Spiel. Wenn das der Coach gesehen hätte...
(Fotos: FohlenKommandO 2007)

So geht dann in der bundesligafreien Woche ein Spiel zu Ende, welches trotz gegenteiliger Bemühgungen ein weiteres Trauma hervorgerufen hat. Ich werde definitiv mit meinem Therapeuten darüber reden müssen und ich befürchte zu wissen, was er mir schlußendlich sagen wird. Er verschreibt mir höchstwahrscheinlich eine homöopathische Dosis: Bayer 04 gegen CA Osasuna! Prost, Mahlzeit!


Bisher in dieser Reihe erschienen:
Auswärtsstark (4): Eintracht Frankfurt - Newcastle United
Auswärtsstark (3): Öffentliches Training des 1. FC Köln
Auswärtsstark (2): Fortuna Düsseldorf - FC St. Pauli
Auswärtsstark (1): Factor Ljubljana - Bela Krajina