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Sicherheitsbedenken

Rainer Wendt von der Polizeigewerkschaft ist ein Mann markiger Worte. Man möge anmerken, dass sich bestimmte Gruppen markiger Worte bedienen müssen, um überhaupt gehört zu werden. Mixa für die katholische Kirche tut dies, Westerwelle für seine familigia Partei oder der anonyme Xenophob in den Kommentarspalten von "politically incorrect". Alle diese "Lautsprecher" eint wohl eines: ihnen ist keine Entblödung zu groß, sie können den hanebüchensten Unsinn verkünden, ohne eine Miene zu verziehen. So, als Wendt verkündete, dass jeder, der in ein Fußballstadion in Deuschland geht, sich in Lebensgefahr begebe.

Nach den Vorkommnissen in Berlin fordert Wendt jetzt sogenannte Geisterspiele für Hertha, "namentlichen Ticketverkauf", und dass die Kurven in den Stadien, "wo sich die Gewalt hochschaukelt" geschlossen werden. Wahrscheinlich meint er die Stehplätze, doch leider gibt es gerade bei Hertha keine.

Aber Wendt kann nicht nur Fußball: nach dem spektakulären Überfall auf das Berliner Pokerturnier tönte er großspurig, es deute alles darauf hin, "dass die Polizei diese Täter sehr schnell kriegen wird" (SPON), womit er die Kollegen unnötig unter Druck setzte, die wirkliche Polizeiarbeit verrichten. (Anmerkung: mittlerweile haben sich die meisten wohl gestellt)

Man muss sich fragen, was das der jeweilige Lautsprecher mit seinem Gedröhne bewirken möchte. Manchmal möchte er einen politischen Standpunkt klarmachen (Westerwelle), seinen Arsch retten (Mixa, Westerwelle) oder einfach seinem Ärger über einen verpfuschten Lebensentwurf Luft machen (anonymer Kommentator, ...). Was will Wendt? Nun, Wendt will das, was Sicherheitsorgane immer wollen: mehr Einflussbereiche, mehr Daten, mehr Geld. Was wäre das nur für eine schöne neue Datenbank, wenn man einen eindeutigen Namen für jeden Besucher der 306 Bundesligaspiele im Jahr bekäme! Nicht zu vergessen die Personalplanstellen, die sich hieraus ergeben würden. Zusammen mit den umfassenden Videoaufnahmen der Zuschauerränge könnte man ein relativ umfassendes Profil der Zuschauer erstellen.

Die Polizei tut jetzt schon alles, um ihre Wichtigkeit bei Fußballspielen zu unterstreichen. Beim Hinspiel zwischen Borussia und Köln drückte sie ein Alkoholverbot in großen Teilen der Mönchengladbacher Innenstadt durch und kreuzte mit Wasserwerfer (!) und Helikopter am Stadion auf. Regelmäßig werden Bürger an Spieltagen durch kleine Einschränkungen hier und dort gegängelt. Es könnte ja jemand auf die Idee kommen, man brauche die Polizei nicht.

Das grundlegende Problem ist ja, dass wir das Kontrafaktum nicht kennen. Was würde passieren, wenn die Polizeipräsenz verringert würde? Die Argumentation von Sicherheitsbehörden verläuft nach dem Muster, dass es ohne weitergehende Befugnisse zu Katastrophen käme. Beispielsweise musste man nach Aufhebung des SWIFT-Abkommen den Eindruck bekommen, ein Terroranschlag in Europa stünde bevor. Schäuble als Innenminister war besonders gut im Aufbauen eines Angstszenarios, indem er regelmäßig vor neuen Anschlägen warnte, die nie kamen. Ähnlich argumentiert Wendt: gebt uns die Namen aller Stadionbesucher, dann stellen wir sicher, das nichts passiert. Sonst können wir für nichts garantieren. Diese Logik übersieht, dass es vollumfängliche Sicherheit nie geben wird, zumindest nicht in einer pluralistischen Demokratie.

Borussias heutiges Spiel in Köln wird hoffentlich nicht Anlass für weitere Eskalationsstufen der Einschränkung geben. In diesem Sinne: reißt euch zusammen.