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Regionalliga im Reformstau – Viel Lärm um Nichts

Sehr verehrte Freunde des spochtverbundenen Vergnügens,

«Hipp Hipp und Hurra», Regisseur Sönke Wortmann hat also seinen mit Spannung erwarteten WM-Film rund um die Nationalelf fertiggestellt. «Deutschland. Ein Sommermärchen». Dem ein oder anderen mag das ein wenig zu pathetisch klingen, das (fußball)intellektuelle Herz hingegen lacht. Ein Sommermärchen, Christoph Martin Wieland in Anlehnung. Wirklich hervorragend. Wieland hat aber nicht nur selbst geschrieben, er hat unter anderem auch Prosa William Shakespeares ins Deutsche übersetzt und von eben jenem läßt sich freilich die Brücke zu einem Film schlagen, dessen Premiere viele Fußballfans erhoffen, wirklich daran glauben kann kaum einer. Im reichen Fundus des literarischen Genies aus Sratford-upon-Avon findet sich ein Stück, dessen Titel geradezu prädestiniert ist für dieses eigentlich urdeutsche Stück. Mit «Much Ado about Nothing« ist die Posse um den Kompromiß der Regelung zur eingleisigen 3. Liga, die sich im Vorfeld des Außerordentlichen Bundestages des DFB in Frankfurt/Main am Freitag abspielt, nicht nur schön beschrieben, sie könnte freilich auch glänzend besetzt werden.

Aber langsam, worum geht es überhaupt? Schnell erzählt, es handelt sich um eine Komödie, es darf also herzlich gelacht werden, was gerade bei großen Veranstaltungen wichtig ist, um die steife Atmosphäre etwas aufzulockern; gemeine, hinterhältige Intrigen werden gesponnen, das kennt und mag man, Anschuldigungen werden ausgesprochen, hinterrücks sollen verfeindete Parteien zusammengeführt werden, es wird ein wenig geschauspielert, kurzfristig wird es sogar fast todernst, der Fedehandschuh wird zum Duell geworfen, aber am Ende herrscht dank feingeistiger und witziger Worte wieder Friede, Freude, Eierkuchen, schließlich ist man hier insgesamt einem bösen Scherz aufgesessen und es ist und bleibt ja auch eine Komödie, viel Lärm um Nichts also, der Schurke wird festgesetzt und am Ende obendrein eine große Doppelhochzeit besiegelt. Fertig. Soweit die (kryptische) Kurzfassung des Sachverhalts.

Die Proben zu dieser Komödie laufen schon seit geraumer Zeit, mal öffentlich, mal hinter verschlossenen Türen, einzig der Termin der Uraufführung muß immer wieder verschoben werden. Erst hatte man einen Vorschlag, dann einen offiziellen Termin, dann aber klemmte der Text bei einigen mal wieder, künstlerische Differenzen zwischen Regisseur, Produzenten und Schauspielern wurden ausgemacht, das Drehbuch umgeworfen, mit Unterhändlern ein Kompromiß ausgehandelt, der wiederum gefällt jetzt keinem mehr so richtig, es weiß auch niemand so genau, wer denn nun über die Angelegenheit entscheiden soll und am Ende sind sich alle einig: Die Idee war ja vielleicht nicht schlecht, aber das Geld ist mal wieder Schuld, die einen zuviel, die anderen zuwenig, die großen Vereine sind nicht gönnerhaft genug, die Amateure zu wenig kompromißbereit, die Landesverbände zu unflexibel, der DFB... ach der DFB, die DFL...ach ja, die auch noch, die Zeit ist außerdem zu knapp, also wozu der ganze Streit? Belassen wir’s doch einfach wie’s ist und schauen dann in aller Ruhe weiter.

Was für eine feine Komödie. Und damit die auch munter weitergeht werde man am Freitag «einen Vertagungsantrag stellen, um eine Entscheidung zu verhindern», so wird der Geschäftsführende Vizepräsident des Württembergischen Fußballverbandes, Michael Hurler, im ZDFtext zitiert. Recht so, denn noch mehr aufgeweichte Reformen braucht keiner. Entweder richtig Tabularasa oder gar nicht. Anderswo schüttelt man hinsichtlich der scheinbaren Unmöglichkeit zur Schaffung einer eingleisigen dritten Profiliga vielleicht den Kopf. Man wäre im Interesse ambitionierter Amateurclubs und im Interesse des deutschen Fußballs sogar geneigt, von einer Tragikomödie sprechen zu wollen; auf der anderen Seite ist man dieses Theater in Deutschland ja gewohnt. Das Zauberwort lautet in solchen Fällen grundsätzlich: «Nachbessern», d.h. seitenweise neue Anträge, Behördengänge, Gutachten, notfalls eine Lärmschutzmauer um die Amateure bauen, unddannimmersoweiterundsofort. Und wenn das alles nicht hilft, dann hilft halt nur noch das, was sich viele Amateurfans möglicherweise im Laufe der Jahre schon längst angeeignet haben: Galgenhumor. Macht ja nix, ist ja eine Komödie. Hauptsache es wird gelacht.

Und wem das trotzdem alles irgendwie zu blöd ist, weil er entweder schon Shakespeares Wintermärchen nicht mochte, Wieland nicht kennt oder auch schlicht keinen Bock auf dieses Theater mehr hat, der geht ab dem 5. Oktober einfach ins Kino und schaut sich Wortmanns Sommermärchen an. Wir sind dieses Mal zwar kein Fußballweltmeister geworden und Reformweltmeister werden wir schon mal gar nicht mehr, aber immerhin ist Deutschland «Weltmeister der Herzen». Und das wiederum macht uns dann so schnell auch keiner nach.