bwin - Tag der Entscheidung (verschoben)
Um zu verstehen, was dort vor sich geht, muss man etwas weiter ausholen. In Deutschland werden Sportwetten grundsätzlich von staatlicher Seite durch den Anbieter Oddset angeboten. Eine Lizenzvergabe an private Anbieter ist gesetzlich nicht vorgesehen. Damit besteht also ein staatliches Wettmonopol. Trotzdem gibt es vier private Wettanbieter: Sportwetten Gera, bwin e.K, Interwetten und die Digibet AG mit dem Angebot Wetten.de. Diese verfügen noch über Genehmigungen aus DDR-Zeiten, die auch nach der Wiedervereinigung Gültigkeit besitzen.
Jetzt will der Staat aber diese privaten Anbieter ausbooten, um das staatliche Wettmonopol wiederherzustellen. Dieses soll dem Schutz des Bürgers dienen. Zum einen soll er vor Spielsucht geschützt werden, indem der staatliche Wettanbieter den Spieler über die Risiken beim Wetten aufklärt. Zum anderen soll der Spieler vor finanziellen Gefahren geschützt werden die zu befürchten sind, wenn der Wettanbieter seinen Zahlungsverpflichtungen nicht mehr nachkommt.
Das Bundesverfassungsgericht hat im März dieses Jahres festgestellt, dass das staatliche Wettmonopol grundsätzlich verfassungsmäßig ist. Der Staat darf dieses Wettmonopol aber nur dann in Anspruch nehmen, wenn der Wettanbieter, also Oddset, die Spieler vor den Gefahren des Wettens zu schützen versucht und sie nicht zum Spielen, etwa durch aggressive Werbung, zum Spielen verleitet. Ob das staatliche Wettmonopol auch mit dem europäischen Gemeinschaftsrecht vereinbar ist, wird der Europäische Gerichtshof voraussichtlich Ende Oktober 2006 klären. Es wird erwartet, dass er das staatliche Wettmonopol in der aktuellen Form kippt.
Das Urteil aus Karlsruhe war für Oddset ein zweischneidiges Schwert. Einerseits wurde zwar das Wettmonopol gestärkt, andererseits wurde aber auch entschieden, dass das damalige Angebot von Oddset nicht den Vorgaben entspricht. Oddset musste also seine Werbeaktivitäten stark einschränken und dadurch entstand gegenüber den privaten Anbietern ein klarer Wettbewerbsnachteil. Dieser Wettbewerbsnachteil wäre natürlich dann zu vernachlässigen, wenn es überhaupt keinen weiteren Anbieter und somit auch keinen Wettbewerb gäbe
Jetzt stellt sich natürlich die Frage, wie viel Einfluss Oddset auf die Aufhebung der Genehmigung von bwin hat. Dazu muss man wissen, dass in Sachsen die Aufhebung durch Staatssekretär Jürgen Staupe verfügt wurde. Dieser sitzt, welch Zufall, im Aufsichtsrat von Sachsenlotto. Sachsenlotto ist wiederum ein Teil der Kooperationsgemeinschaft der 16 Landeslotteriegesellschaften, die Oddset betreibt. Apropos Zufall: Der Bremer Bürgermeister Thomas Röwekamp, der stetig versucht gegen Werder Bremens Werbung für bwin vorzugehen, ist Aufsichtsratsvorsitzender von Lotto Bremen.
Dass die Aufhebung der Genehmigung mit dem notwendigen Schutz der Spieler begründet wird, verwundert nicht. Es wird dadurch aber auch keineswegs überzeugender. Die Gefahren des Spiels waren in den letzten Jahren genauso groß, wie sie aktuell sind. Der einzige Unterschied ist, dass Oddset nun nicht mehr im gleichen Maße werben darf und somit um die Umsätze bangt. Wäre es der Politik wirklich um das Wohl der Spieler gegangen, hätte man bereits Anfang der Neunziger-Jahre eingreifen müssen.
Für die Politik war bwin bis zum Urteil des Bundesverfassungsgericht noch relativ gern gesehen, da sie durch großangelegte Werbekampagnen der Wettbranche starke Zuwächse bescherten, von denen auch Oddset profitierte. Die Politik nahm die dabei anfallende Lotteriesteuer gerne entgegen. Oddset unterstützte obendrein mit der ebenfalls abzuführenden Konzessionsabgabe eine Vielzahl gemeinnütziger Projekte und entlastete so die öffentlichen Haushalte.
Jetzt haben die Gerichte das Sagen und wie es letztendlich ausgehen wird, ist noch offen. Man könnte glatt in Versuchung geraten, auf den Ausgang zu wetten. Nur wo will man so eine Wette platzieren, denn die Frage ob ausländische Buchmacher Wetten in Deutschland über das Internet anbieten dürfen, ist die nächste Frage die zu klären sein wird.
Leserbrief schreiben