Neues aus dem Gästeblog (32.KW)
Martin Kind, Präsident der diesjährigen Erstrunden-Pokaltölpel aus Hannover, hat der SZ im Interview der Woche am Samstag seine wahrlich interessante Sicht der Dinge in den Block diktiert. Kind räsoniert (mal wieder) über die Dreiklassengesellschaft in der Bundesliga und die seiner Meinung nach dringliche Notwendigkeit, Investoren unter Ausschaltung der 50+1 Regel im Fußball zuzulassen. Das Interview ist insofern interessant zu lesen, weil es verdeutlicht, in welcher Zwickmühle sich Vereine wie Hannover, Frankfurt, Köln oder Gladbach einerseits befinden und welche Risiken sich andererseits hinter Kinds Forderungen verstecken. Kind will, kurz gesagt, namentlich die «Marke» des Clubs und seine Tradition erhalten und die Lizenz an den Ort binden, aber jedem Verein selbst überlassen, inwieweit er sich von potenten Investoren unter die Arme greifen läßt, indem er z.B. 10 Prozent seiner Anteile einem fränkischen Sportartikelhersteller gegen Bares übereignet. Laut Kind agieren Clubs, die ihr Geschäftsjahr lediglich +/- Null abschließen, und Sonderkosten wie Stadionbauten in Gesellschaften auslagern, stets am Rand der Unvernunft, weil mit einem Etat von 50 Millionen Euro keine Gewinne erzielt werden könnten, um eine Mannschaft nachhaltig zu verstärken. Jede größere Investition aus eigener Kraft, um in die Phalanx der erfolgreichen Topclubs einzudringen, birgt demnach suizidale Risiken. Klingt plausibel, weil sich die von Kind kritisierte Dreiklassengesellschaft in der Bundesliga (sechs Topvereine die aufgrund ihrer Umsätze stetig gescheit arbeiten können, dazu die Werksclubs Bayer, VW, SAP und der Rest) ja bereits scheinbar undurchdringlich, Langeweile inklusive, manifestiert hat. Insofern wären Kinds Forderungen durchaus zuzustimmen. Man stelle sich nur einmal vor, welche Möglichkeiten sich der Borussia zukünftig erschließen könnten, würden sich drei, vier große Geldgeber dauerhaft, gepaart mit gutem sportlichen und finanziellem Management, an den Verein binden. Eine Rückkehr zu alten, glorreichen Zeiten womöglich. Klingt verlockend und so muß ein Boß, Kaufmann und Markenfetischist, sein Name sei Kind, Königs oder Gedönsheimer, wohl denken; Stagnation bedeutet schließlich den Tod. Aber was, um den Gedanken der letzten Woche noch einmal aufzugreifen, wollen wir Fans eigentlich? Wollen wir immer alles um jeden Preis? «Immer weiter» im Kahnsten Sinne? Fürchten wir uns, sollten wir Kind zustimmen, eigentlich auch vor der immer größer werdenden Fallhöhe unserer hochstrebenden Clubs? Die Liga hat nur Platz für 18 Überflieger und selbst dann müssten immer noch drei absteigen! Trotz aller Skepsis und den Schranken und Garantien des deutschen Vereinsrechts befürchte ich allerdings, eine kritische Meinung dazu könnte am Ende eventuell nicht gefragt sein.
Gastkolumnist Dr. Theo Soph pfeift Montags beim FohlenKommandO die neue Woche an
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