Der Einstieg des russischen Konzern Gazprom bei Schalke hat für Aufsehen gesorgt. Neben den üblichen Wortspielen in der Presse, die mit "Schalkski" bestimmt noch nicht erschöpft sind (nächsten Sommer fahren die Profis mit Sicherheit in den "Trainingsgulag", aber das am Rande), gab es auch Bedenken des Menschrechtsbeauftragten der Bundesregierung, Nooke, dass einem undemokratischen Land eine Werbefläche zu bieten nicht richtig sei. Nooke hat sicherlich einen Punkt hier, aber in der (realpolitisch bedingten) Schizophrenie im staatlichen Verhalten gegenüber Diktaturen (auch China) hat er keine Chance. Außerdem ist das die Entscheidung von Schalke,
free country und so. Gazprom ist ein staatlich gelenktes Unternehmen, so viel steht fest. Der Eintritt in mittel- und westeuropäische Strommärkte ist geplant und einfacher geworden mit dem Bau der Pipeline durch die Ostsee, die Schröder in seinen letzten Amtstagen noch gegen alle Widerstände durchboxte, lukrativ. Aber: was ist eigentlich das Problem? Ist es, wie die Süddeutsche
kommentiert, dass Schalke sich nun in Abhängigkeit zum Kreml begibt? Wohl kaum, es ist nicht vorstellbar, dass Putin beispielsweise den Rausschmiss des Georgiers Kobiashvilli verlangt, wenn schon, schickt er die alten FSB-Kumpels vorbei, um das zu lösen. Schalke hat einfach einen verdammt guten Deal gemacht.
Erstaunlicherweise führt der neue Deal der anderen ungewaschenen Bundesligamannschaft, des BVB, zu gar keinen Aufregungen. RAG, früher Ruhrkohle AG, vespricht (noch abhängig vom geplanten Börsengang) 12 Mio. € (!) jährlich als Sponsor. Auch Dortmund hat einen verdammt guten Deal gemacht, denn mit 12 Mille sind sie überdurchschnittlich bezahlt für durchschnittliche Leistungen. Wie kam er zu Stande? Nun, Hauptaktionär von RAG ist E.ON, der frühere Sponsor von Dortmund. E.ON durfte im Jahre 2004 durch eine Ministererlaubnis des Wirtschaftsministers Müller (vorgeschickt wurde Staatssekretär Tacke) entgegen der Bedenken des Bundeskartellamtes mit der Ruhrgas A.G. fusionieren und so seine Marktmacht festigen. Müller ist nun Vorstandsvorsitzender von RAG. E.ON wiederum ist mit einem geringen Anteil (6%) beteiligt an Gazprom. E.ON hält darüber hinaus ein knappes Viertel an der Nord-Stream AG, die die Ostseepipeline betreiben wird. Gazprom ist hier Hauptaktionär, Schröder ist Aufsichtsratsvorsitzender.
Dokumentiert ist, dass die Schalker beim Gazprom-Deal die Hilfe von Schröder gesucht haben: er hat vermittelt, eingefädelt, eintüten geholfen. Schröder ist Fan vom BVB, zumindest hat er sich mit Schals im Stadion gezeigt. Das ist hier aber egal, schließlich geht es um Geld. Und Müller kennt er auch noch aus gemeinsamen Kabinettstagen. Die RAG wird bis heute mit milliardenschweren Subventionen für den Steinkohleabbau vom Staat unterstützt. Kurz: beide Bundesligaklubs aus dem Ruhrpott profitieren von einer undurchsichtigen Melange aus Möchtegern-Etatismus und deutsch-russischer Vetternwirtschaft. Dass hier Wettbewerbsverzerrung für die Bundesliga vorliegt, muss nicht weiter ausgeführt werden. Dass es nicht der einzige Fall ist, auch.
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