Neues aus dem Gästeblog (18.KW)
Ich bin selten im Stadion, weil ich selten in Mönchengladbach bin. Ich bin aber vor allen Dingen selten im Stadion, weil ich es nicht mehr unbedingt brauche. Es reichte mir in der Vergangenheit vollkommen, die Spiele Woche für Woche vor dem Fernseher zu verfolgen. Die Zeiten, in denen es mir auf den Nägeln brannte, die Borussia unbedingt live und hautnah im Borussia-Park erleben zu wollen, sind seit längerer Zeit passé. Am Samstag habe ich das grandios gescheiterte Experiment „1. Bundesliga“ mal wieder und vorerst auch zum letzten Mal vor Ort gesehen. Zu meinem Leidwesen muß ich gestehen, es wird mir in dieser Form nicht mehr fehlen als beispielsweise ein schönes Glas handwarmen Wurstwassers. Der Borussia-Park ist schön geraten und wichtig für den Verein, aber leider auch oft so seelenlos und langweilig wie der Fußball den die Angestellten dort seit Jahren darbieten. Eine Tatsache so überflüßig wie der Abstieg. Bereits zur Pause stand ich frustriert mit einem Bier herum und betrachtete die übergroßen schwarzweiß Fotos der Vergangenheit. Um nicht wahnsinnig zu werden, stellten meine Begleitung und ich uns rhetorische Fragen, z.B. welcher ehemalige Borusse als Einziger in Endspielen aller drei Europapokalwettbewerbe als Torschütze auf der Anzeigentafel stand. Es waren dies äußerst unzureichende Ablenkungsversuche. Wer nach dem Spiel den traurig blickenden Altstars, scherzenden Geiern und notorischen Besserwissern bei ihren endlosen Diskussionen um Mannschaft und Präsidium lauschen durfte, den hatte die grausige Realität schnellstens wieder eingeholt. Diese Realität bedeutet: für schöne Momente sind nebst den vielen bedingungslos treuen Fans lediglich noch alte Fotos und junge Hostessen in adretten, weißen Kostümchen zuständig; es gibt kein richtiges Leben im Falschen und der Abstieg ist daher als heilsame Katharsis, denn als Tragödie zu begreifen. Mir graut seit Samstag nicht mehr vor der Tabelle, aber es wäre schon schön, wenn nächste Saison im Borussia-Park endlich mal wieder Geschichten geschrieben würden, an die man sich auch noch nach einer Woche erinnern möchte. Er ist zu schade, um lediglich satt Historie zu verwalten. Dafür kann und werde ich auch weiterhin meinen Fernseher bemühen.
Gastkolumnist Dr. Theo Soph pfeift Montags beim FohlenKommandO die neue Woche an
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